Dietmar Steiner 1951-2020 Fotos: Heribert Corn

Ein Wiener im Himmel

Dietmar Steiner ist tot. Der Architektur-Theoretiker und Gründer des Architekturzentrums Wien ist 68-jährig an den Folgen einer Herzoperation gestorben. Er war engagiert, unangepasst, kritisch. Ein Nachruf.

Der Nachruf hatte 400 Seiten und kam vier Jahre zu früh. Und er stammte aus der Feder des Betroffenen: ‹Steiner’s Diary›, der grosse aber weiche Wälzer, 2016 bei Park Books erschienen, war Dietmar Steiners eigene Sicht auf sein «Verhältnis mit der Architektur». Hier liess der 65-jährige, sich damals gerade pensionierende Direktor des Architekturzentrums Wien (AzW), seine Themen, Begegnungen und Erkenntnisse Revue passieren: Wiener Aktionisten und Hochhäuser in Mailand, Postmoderne und Osteuropa, Blade Runner und Rudolf Olgiati, Disney, HdeM und OMA, Mediatisierung und Starkult, schliesslich und immer mehr: Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, Selbstbau, Lacaton & Vassal. Im Buch schreibt Steiner Tacheles, prangert die fehlende kulturpolitische Unterstützung des von ihm gegründeten AzW an oder plaudert aus dem Jury-Nähkästchen des angesehenen Mies-van-der-Rohe-Preises, dem Preis der EU für zeitgenössische Architektur. Warum 1998 Peter Zumthor den Preis bekommen hat und nicht Rem Koolhaas? Lesen Sie nach. Steiner war ein Netzwerker, ein Vermittler, manchmal auch ein Consulter. Er brachte Architekten und Bauherren zusammen, Politik und Baukultur. Er war wachsam und neugierig, forschend und voller Energie, wie Georg Vrachliotis in seinem Nachruf in Arch+ schreibt. «Wenn es um Architektur ging, hat Steiner sich nie geschont.» Schon bevor er 1993 Gründungsdirektor des AzW wurde, hatte er als Vortragender und Juror, Kurator und Domus-Redaktor ein schönes, internationales Netz geknüpft. Engagiert, unangepasst, kritisch, seismografisch, scharfzüngig, kompromisslos – in den Nachrufen (hier der akribischste von Otto Kapfinger), die in den Tagen seit dem Tod Dietmar Steiners erschienen sind, finden sich diese Attribute. Ein Wiederlesen von ‹Steiner’s Diary› bestätigen sie. Meine Erinnerung an den 1951 geborenen Oberösterreicher, der einst an der Akademi...
Ein Wiener im Himmel

Dietmar Steiner ist tot. Der Architektur-Theoretiker und Gründer des Architekturzentrums Wien ist 68-jährig an den Folgen einer Herzoperation gestorben. Er war engagiert, unangepasst, kritisch. Ein Nachruf.

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