Ein goldener Fallschirm?
Der wegen sexueller Belästigung beschuldigte Architekturprofessor verlässt die ETH – freiwillig. Die Hintergründe lesen Sie bald im ersten Teil des ‹ETH-Reports›.
Seit bald neun Monaten ist der Fall nun in den Medien. Heute teilt die ETH mit: Der Architekturprofessor, gegen den ein Disziplinarverfahren wegen sexueller Belästigung lief (Hochparterre berichtete im Artikel ‹#MeToo an der ETH›), kündigt per Ende Juli 2019.
In der Medienmitteilung heisst es: Die Untersuchung «entlastet den Professor vom Vorwurf sexueller Belästigung. Der Untersuchungsführer kommt zum Schluss, dass der Professor es versäumt hat, seine persönlichen und beruflichen Beziehungen adäquat zu trennen, weshalb sein Verhalten nicht im Einklang mit dem Compliance Guide der ETH Zürich sei.» Der betroffene Professor verlasse die Hochschule «aufgrund der langen Verfahrensdauer und der damit verbundenen persönlichen und beruflichen Belastung», um sich «neuen Herausforderung zu stellen». Bis dahin ist er von seiner Lehrtätigkeit entbunden, «damit er sich vollumfänglich dem Abschluss seiner Forschungsprojekte widmen kann».
In einem begleitenden Interview mit dem neuen ETH-Präsidenten Joël Mesot spricht dieser von der Idee «obligatorischer Führungs- und Personalentwicklung für Professorinnen und Professoren». Noch vor zwei Wochen hatte er in der NZZ am Sonntag von freiwilligen Führungskursen gesprochen. Heute sagt er, man diskutiere ausserdem «ob wir eine externe, unabhängige Meldestelle für sexuelle Belästigung einrichten wollen». Er betont, «dass wir von wenigen Einzelfällen sprechen», die Hochschule den Fall aber zum Anlass nehme, «die bestehenden Prozesse und Regeln zu überdenken und zu verbessern».
Der Abschluss des Verfahrens stellt viele Fragen: Was war los am Lehrstuhl? Ist der Entscheid gerechtfertigt oder ein goldener Fallschirm? Wie angemessen und professionell sind die Strukturen der ETH, um mit Machtmissbrauch umzugehen? Handelt es sich wirklich um Einzelfälle? Ist ein Kulturwandel nötig?
Seit mehreren Monaten recherchieren wir Macht- und Geschlechterfragen an der ETH. In Kürze publizieren wir den ersten Teil des ‹ETH-Reports›.
«Abschluss der Disziplinaruntersuchung»: Medienmitteilung der ETH Zürich vom 29. Januar 2019.
«Wir müssen genau hinschauen und angemessen handeln»: ETH-Präsident Joël Mesot im Interview, 29. Januar 2019.