Nicht nur Pläne und Modelle: Das Museum für angewandte Kunst in Wien zeigt auch drei nachgebaute Treppen von Josef Frank. Fotos: MAK / Aslan Kudrnofsky

Der mit den Vorhängen

Der Wiener Architekt Josef Frank ist unter den Modernen derjenige, der unserer Zeit am meisten zu bieten hat. Eine Ausstellung in Wien lohnt den Besuch.

«Josef Frank? Das ist doch der mit den Vorhängen.» Viele Architekten kennen vom Wiener Architekten (1885-1967) nur seine grossgeblümten Stoffe und vielleicht noch seinen Essay ‹Das Haus als Weg und Platz›, in dem er 1931 den Raumplan von Adolf Loos weiterdachte. Dabei ist Frank unter den Modernen derjenige, der unserer Zeit am meisten zu bieten hat: Er gründete zwar die CIAM mit, schwänzte aber nach dem ersten Kongress alle weiteren. Er baute zwar in der Weissenhofsiedlung ein Haus, richtete es aber so gemütlich ein, dass die Kollegen vom «Bordell Frank» schimpften. Er setzte sich für die Siedlerbewegung ein, baute aber auch mit dem ein oder anderen Wiener ‹Wohnhof› die Antithese dazu. Er verehrte Loos, was ihn jedoch nicht daran hinderte, von Anfang an grosszügige Ornamente zu zeichnen – bis hin zu besagten Vorhängen, die nach seiner Emigration nach Schweden entstanden. Sentimentalitäten liess er gelten, Brüche und Widersprüche, denn so ist das Leben. Wären doch unsere Architekten so schizofren – und gleichzeitig so entspannt!
«Man kann alles verwenden, was man verwenden kann.» Diesen Frank-Satz zitiert Hermann Czech gern. Der 79-jährige Architekt und Wiedergänger von Loos und Frank kuratierte die vorgestern eröffnete Ausstellung im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) zusammen mit Sebastian Hackenschmidt, der am MAK die Möbel-Sammlung betreut. Grund genug, zwischen den Jahren mal nach Wien zu reisen. Die Servietten und das Geschenkpapier mit Frank-Blüten waren im MAK-Shop allerdings schon am Eröffnungsabend ausverkauft. Und raten Sie mal, was das Cover des ziegelschweren Katalogs ziert!
Ausstellung ‹Josef Frank. Against Design›, MAK-Ausstellungshalle, Wien, bis zum 3.4.2016
Im Hochparterre 3/2016 folgt ein längerer Beitrag über Josef Frank, die Ausstellung und ein Gespräch mit dem Kurator Hermann Czech.

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