«Das Wahre ist auch nicht mehr das, was es war»

Glückwunsch, Wolfgang Pehnt, zum neunzigsten Geburtstag! Seine Texte, Bücher und Radiobeiträge prägten die deutsche Architekturkritik. Und mich. Vor zehn Jahren besuchte ich ihn für ein Gespräch.

Fotos: Christof Plümacher

Glückwunsch, Wolfgang Pehnt, zum neunzigsten Geburtstag! Seine Texte, Bücher und Radiobeiträge prägten die deutsche Architekturkritik. Und mich. Vor zehn Jahren besuchte ich ihn für ein Gespräch.

Im Café des Deutschen Architekturmuseums DAM in Frankfurt am Main sprach ich mit Wolfgang Pehnt darüber, wie sich das Metier der Architekturkritik in der langen Zeit seines Wirkens verändert hat. Das Gespräch erschien im Hochparterre vom Oktober 2011. Und auch wenn sich in den vergangenen zehn Jahren vieles verändert hat: Das Gespräch ist noch immer gültig und ich denke gern daran zurück. Welchen Leser hat Wolfgang Pehnt vor Augen, wenn er schreibt? Ich habe noch die altmodische Vorstellung, dass man unterschiedliche Leserschichten erreichen sollte. Ich weiss, das ist eine Illusion, aber ich möchte so schreiben, dass es Fachleuten Stoff zum Nachdenken bietet, aber auch ein grösseres Publikum erreicht. Das Erzählen ist mir beim Schreiben immer wichtig gewesen: Was hatten die Protagonisten für Motive? In welchen Bedingungszusammenhängen standen sie? Was ist schief gegangen? Das ist ja oft ein richtiger Roman, der sich da entwickelt. Mein Ideal ist ein gut lesbarer Text, der wissenschaftlich abgesichert ist. Also eine Art Lesevergnügen mit Anmerkungen. Ist der «für alle Kulturerscheinungen offene Bürger», den Sie in einem Ihrer Bücher einmal beschworen haben, heute nicht ein Auslaufmodell? Es ist die Fiktion, mit der ich lebe. Meine Texte versuchen, die Reste des Bildungsbürgertums und ein paar Neuhinzukommende zu erreichen, um etwas wie eine — ein grosses Wort — kritische Öffentlichkeit herzustellen. Der Schreiber als Anwalt des Laien, wie das der Schweizer Architekturkritiker Peter Meyer einmal formuliert hat. Genau. Man muss ja beides tun: Dem Nutzer eine Stimme geben und gleichzeitig versuchen, ihm die Architektur zu erklären. Ich meine, Architektur ist sehr viel weniger lesbar geworden. Auch durch veränderte Entwurfstechniken, durch Globalisierung und Anonymisierung. Wo gibt es heute noch den Bauherrn, der einen Bau von Anfang bis Ende verantwortet u...

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