Das Stadthaus Uster in einer Aufnahme von 1962: Heute ist vom Granitnetz auf dem Platz und den Eichenfenstern nichts mehr zu sehen. Fotos: © Foto Müller, Stadtarchiv / Paul Kläui-Bibliothek Uster

Bruno Giacomettis Gesamtkunstwerk

Uster widmet seinem Stadthaus eine kleine, aber umfassende Ausstellung. Erbaut hat es vor 50 Jahren der Architekt Bruno Giacometti, der im März 104-jährig verstorben ist.

Im Juni 1962 hat Uster sein neues Stadthaus eingeweiht und es sogleich in einer Sonderbeilage der Tageszeitung als «Meisterwerk» gefeiert. 50 Jahre später blickt der Kunsthistoriker Roland Frischknecht zurück auf die Geschichte der kleinen Architekturperle der Stadt. Architekt Bruno Giacometti, der kleine Bruder von Alberto, wählte eine klare Formensprache. Ein dreiflügliger Sockel teilt den Aussenraum in einen gefassten Gemeindeplatz und eine offene Wiese. In der Mitte setzt das Gebäude mit einem Aufbau ein Zeichen im Stadtraum. Die Ausstellung im Foyer des Stadthauses ist klein, aber umfassend: Feine Perspektivzeichnungen, Pläne, Film- und Radioaufnahmen dokumentieren den Bau vom Wettbewerbsbeitrag bis zu den später angebrachten Kunstwerken. Da die Schau im Stadthaus selbst stattfindet, kann man die alter Bildern mit heute vergleichen. So lernt der Besucher im und am Bau. Aufhorchen lassen die Zitate von Giacometti, die erfrischend klingen. «Die heutige Trennung in Architektur und Innenarchitektur existiert für mich nicht», erklärt der Architekt etwa. «Es gibt nur Architektur.»

Giacometti verstand das Stadthaus als Gesamtkunstwerk und entwarf auch den Brunnen auf dem Platz oder die Pulte in den Büros. Er wählte solide Materialien. «Bewusst wurde auf die heute so beliebten Kunstprodukte als Fassadenverkleidung verzichtet, welche die Gefahr des Modischen in sich tragen», so der Architekt. Das Haus ist stattdessen mit Travertin verkleidet. Der Eingangsbereich wurde mit Tessiner Granit belegt, der sich als Netz über den Vorplatz weiterzog. Heute ist der Platz leider mit Asphalt geplättet. Nicht verschwunden ist die Skulptur von Max Bill, die 1964 aufgestellt wurde. Der Architekt hätte gerne eine Plastik seines Bruders Alberto platziert, doch dieser wollte nicht. Er befürchtete, die Leute würden sie nicht verstehen, und schlug Bill vor. Bruno Giacometti stand zeitlebens im Schatten seiner weltberühmten Familie. Die Ausstellung in Uster macht nun eines seiner Hauptwerke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Eine gute Chance, mehr zu erfahren über den weniger bekannten Giacometti, der am 21. März im hohen Alter von 104 Jahren verstarb.

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