Auch an der ETH gehen Gigon/Guyer hoch hinaus: Leinwandtürme im Hauptgebäude der ETH Zürich.

Bewegte Bilder belebter Architektur

Die ETH widmet dem Architekturbüro Gigon/Guyer eine Schau der besonderen Art: Statt mit Plan, Text und Modell präsentiert sie ihr Werk mit Filmen. Für traditionelle Ausstellungsgänger ist dennoch gesorgt.

Um von der Reinheit des Entwurfs nicht abzulenken, wird Architektur oft ohne Menschen als toter, leerer Raum gezeigt. Gigon/Guyer entschieden sich für das pure Gegenteil. Nicht nur lassen sie ihre Gebäude mit Personen beleben, sie zeigen sie in bewegten Bildern. Pläne, Modelle oder Texte sucht man in der ETH-Ausstellung vergeblich. Statt auf Abstraktion setzt sie auf die Unmittelbarkeit des Films. Die Architekten stellen rund dreissig Gebäude in kurzen Filmporträts vor. In der Fläche bleibt die Schau trotzdem nicht. In der Halle des Hauptgebäudes stehen drei über zwölf Meter hohe Leinwandtürme, auf denen Projektionen in unterschiedlicher Höhe flimmern. So greift die Ausstellung in den hohen Raum aus und wird Teil der Architektur.

Die Filme von Severin Kuhn präsentieren Ausschnitte aus dem Alltag jedes Gebäudes. So sieht man Architektur sonst nur im richtigen Leben, nicht in einer Ausstellung. Die Sequenzen zeigen, wie die Menschen die Häuser verwenden, einrichten, bewohnen. Meist ruht die Kamera auf den Bauten und hält das Leben in ihnen und um sie herum fest: Ein Kopf spiegelt sich in einem Fenster, Kinder springen über einen Vorplatz, eine Baumkrone zittert vor einer ruhigen Fassade. Manchmal zoomt die Kamera, schwenkt oder fährt durch den Raum. Dabei richtet sie den Blick auf ein feines Detail oder steht weit weg und zeigt das Haus in seiner Umgebung. Neben den visuellen Eindrücken hört man auch, was um die Gebäude herum passiert.

Den Entwurfsprozess, die Erklärungen der Architekten, die Ideen hinter den Projekten blendet die Schau aus. Dafür rückt sie den Gebrauch der Räumen in den Fokus. Ganz planlos bleibt die Ausstellung aber nicht. Am Eingang liegen Booklets auf, die zu jedem Projekt die wichtigsten Daten und ein paar Grundrisse bereithalten. Die Besucher können sie als Souvenir nach Hause nehmen. Wem die Filme und das Büchlein zu wenig Tiefgang bieten, greift zur Monografie, die zeitgleich mit der Ausstellung bei Lars Müller Publishers erschienen ist. Sie packt Gigon/Guyers Arbeiten der letzten Dekade zwischen zwei Buchdeckel. So kommen neben den Filmenthusiasten auch die Bücherwürmer unter den Architekten auf ihre Rechnung.

close

Kommentare

Kommentar schreiben