Schleiferei 1904 Fotos: Hochparterre und Glutz

150 Jahre Riegel schieben

Glutz feiert sein 150-jähriges Bestehen. Hochparterre nahm in Solothurn einen Augenschein. Es gibt eine Giesserei und 12 000 Modelle zu entdecken.

Den Architekten muss man nicht erklären, dass Glutz etwas mit Türen zu tun hat. Was 1863 mit Viktor Glutz und einer Schlossfabrik begann, ist heute ein Unternehmen, das 270 Personen beschäftigt und 61 Millionen Franken umsetzt. Drücker, Schlösser, Beschläge, Bänder – alles, was eine Tür braucht. Neuerdings ist die Elektronik dazugekommen. CEO Peter Riedweg stichelt gegen die Konkurrenz: «Wir sind vom Schloss und Riegel, über Beschläge zur Elektronik gekommen, andere haben bei der Elektronik begonnen und suchen den Riegel immer noch.» Mechanische Intelligenz, nennt er das.

Neu eingerichtet hat Glutz eine Messing- und Bronzegiesserei. Die Kohler AG, eine Kunstgiesserei und Metallwarenfabrik aus Riedtwil, fand keine Nachfolgeregelung, deshalb konnten die Solothurner die Giesserei und 12 000 Modelle übernehmen. Die Modell sind wichtig für Nachbildungen, weil sie zwei Prozent grösser sind als der gegossene Griff – Kopieren ist also nicht so einfach. Der baukulturelle Schatz liegt in eine Art Museum am Hauptsitz. So sind heute neben den industriellen Hallen, wo die Drücker aus jährlich 50 Kilometer Stahlrohr geschnitten, gebogen und geschliffen werden, auch Kunsthandwerker beschäftigt. In der Formerei arbeiten sie mit Quarzsand und Messingbaren. Peter Riedweg sieht denn auch in der Denkmalpflege das erste grosse Feld für die Zukunft. Die zweite Chance für die Zukunft sei im elektronischen Zutritt, die von den Büros langsam zum komfortablen Wohnen überschwappt.

Glutz gehört zu 98% immer noch den Gründerfamilien. 35% des Umsatzes wird heute im Ausland erwirtschaftet, vor allem in Märkten, die der Schweiz ähnlich sind, sprich wo Qualität gefragt ist: Österreich, Singapur, Norwegen und Holland. Das Unternehmen ist international, aber nicht global. In den USA ist es nicht vertreten. Heute feiert das mittlere Unternehmen, dessen Sitz und Produktionsort immer noch einen Steinwurf von der Solothurner Altstadt entfernt liegt, sein 150-jähriges Jubiläum. Geladen sind Kunden und Prominenz. Am Samstag feiern die Mitarbeiter. Zum Jubiläum hat sich die Firma eine Ausstellung geschenkt: ein paar umgebaute Eventräume, wo sich Gruppen vergnügen können. Es ist bestimmt einzigartig, wie da die Produkte zwischen Kino, Weinkeller und Gefängnis beiläufig inszeniert sind. Doch die Kulissenarchitektur passt nicht zu den handfesten Edelstahlprodukten, die Glutz in den Werkhallen nebenan produziert.

Ein Chance die Hallen von Glutz zu besichtigen erhält man am 7. September: Die Firma öffnet die Türen für die Öffentlichkeit. Und der meistverkaufte Türdrücker? «Die Modelle mit Gehrung», sagt Riedweg. Architekten kennen das Modell besser als «Memphis» oder unter der Nummer 5071.

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