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AM Architects aus Luzern planten ihre ersten Projekte alle in Rotkreuz, vom Müllpavillon bis zum Stadtblock. Ihre Ideen dafür stammen aus Indien bis Neuseeland.

AM Architects aus Luzern planten ihre ersten Projekte alle in Rotkreuz, vom Müllpavillon bis zum Stadtblock. Ihre Ideen dafür stammen aus Indien bis Neuseeland.

AM Architects, kurz AMA, heisst das Büro, das Ji Min An und Philippe Müller vor fünf Jahren in Luzern gegründet haben. Der englische Name kommt nicht von ungefähr. An stammt aus Südkorea und ist in Neuseeland aufgewachsen, wo sie Architektur studiert hat. Müller ist Schweizer und hat an der Hochschule Luzern diplomiert. Die zwei haben sich in Indien kennengelernt, wo beide im Studio Mumbai arbeiteten. Ihren ersten Auftrag planten sie noch von der indischen Grossstadt aus, für die Ausführung kamen sie in die Schweiz. «Für junge Architekten ist es in Neuseeland schwierig ein eigenes Büro zu gründen», sagt Ji Min An. «Es gibt kaum Wettbewerbe und das Registrierungsverfahren ist ziemlich streng.»

AM Architects im Video.

Philippe Müller und Ji Min An in ihrem Atelier in Luzern.

AMA arbeiten in Rotkreuz ZG, wo Philippe Müller aufgewachsen ist. Bei ihrem ersten Projekt – eine Einfassung für eine Müllsammelstelle – holten sie aus einer banalen Aufgabe das Maximum heraus: Über zwei Mauern aus zerbrochenen Bauschuttabfällen schwebt ein Stahldach, getragen von einer einzigen Stütze.

Die Mauern der Müllsammelstelle in Rotkreuz bestehen aus zerbrochenen Bauschuttabfällen. (Foto: Ariel Huber)

Ein Stahldach schwebt mit einer einzigen Stütze über den Abfallcontainern. (Foto: Ariel Huber)

Auf die Weiter- und Wiederverwendung von Baumaterialien setzen die beiden auch bei einer Lagerhalle, die sie dieses Jahr erweitern. Die Fassadenelemente und die 45 Fenster übernehmen sie von Abbruchgebäuden. Weil die Bauherrin – ein Logistikunternehmen – die Elemente selbst transportieren und lagern kann, spart die Wiederverwendung nicht nur CO2, sondern auch Geld. Re-Use verändere die Rolle der Architektinnen, sagt Philippe Müller. «Der Entwurf der Gebäudehülle wurde fast ausschliesslich von den vorgefundenen Bauelementen diktiert und von der Art, wie wir sie am besten zusammenfügen konnten», so Müller.

Wie man mit wenig viel erreichen kann, zeigt das Duo bei der Fassadensanierung dreier Hochhäuser aus den 1970er-Jahren in Rotkreuz. Es erweiterte die Balkone auf 2.5 Meter Tiefe und stärkte mit den markanten, neuen Betonelementen den Charakter der Türme. Auch an den Alltag haben sie dabei gedacht: Der Beton nimmt einen Tisch und einen Pflanzentrog auf, aus dem wilder Wein wächst. Dank Schiebefenstern wird der Balkon zum saisonalen Wohnzimmer. Da sich die Wohnungen innen nicht verändert haben, konnten die Mieterinnen während der Bauarbeiten im Haus bleiben. Einziger Eingriff: Ein Durchbruch zwischen Küche und Wohnzimmer sorgt in manchen Wohnungen für ein offeneres Raumgefühl.

AM Architects haben die Fassade dreier Hochhäuser aus den 1970er-Jahren in Rotkreuz saniert. (Foto: Ariel Huber)

Die erweiterten Balkone stärken mit den markanten Betonelementen den Charakter der Türme und erhöhen die Wohnqualität. (Foto: Ariel Huber)

Grundriss

Roter Stadtblock

Bei ihrem ersten Neubau überhaupt richten Ji Min An und Philippe Müller mit der grossen Kelle an. Im Zentrum von Rotkreuz bauen sie gleich neben die drei Türme einen ganzen Stadtblock mit Läden, einem Hotel und über 100 Wohnungen. Den Städtebau mit zwei Höfen haben sie mit dem Büro Helsinki Zürich entwickelt. Rot gefärbte Arkaden markieren den öffentlichen Charakter der Überbauung namens Chäsimatt. Die Backsteinfassade haben AMA im Massstab 1:10 nachgebaut, um die Details zu kontrollieren.

Aktuelle bauen AM Architects einen ganzen Stadtblock mit über hundert Wohnungen, Läden und einem Hotel in Rotkreuz.

Blick in den Hof.

Visualisierung des gemeinschaftlichen Dachgartens.

Der Auftrag war ein Freipass. «Es gab weder ein Raumprogramm noch eine Ausnützungsziffer», sagt Ji Min An. «So konnten wir uns zunächst mit dem Bauherrn Gedanken über die sozialen Aspekte machen.» Rund um die beiden öffentlichen Innenhöfe entwickelte das Büro eine bunte Wohnmischung und ergänzte sie um einen gemeinschaftlichen Dachgarten, um Waschküchen, eine Bibliothek und einen Mehrzwecksaal. Mit diesem Auftrag ist das Büro auf elf Personen angewachsen. Das Grossprojekt war ein Direktauftrag, die Bauherrschaft gehört zur Familie von Müller. «An einem Wettbewerb haben wir bisher noch nicht mitgemacht.» Künftig würden sie das gerne. Noch aber sind die Kräfte des Büros voll und ganz an das Projekt Chäsimatt gebunden.

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