Wolfgang Braunfels bekämpft mit Belegen den Mystizismus und den Schwurbel, schreibt der Stadtwanderer.

Ad Fontes

Die Städte des Mittelalters in der Toskana sind nicht gewachsen, sie sind geplant. Die Beweise findet Wolfgang Braunfels in den Archiven – eines meiner Gründervaterbücher, das ich nach 40 Jahren wieder las.

«Hat man gewollt und in seiner ganzen Bedeutung erkannt, was hier verwirklicht wurde? Was war Planung, was war Wachstum?» Wolfgang Braunfels (1911-1987) misstraute der Erzählung von der gewachsenen Stadt des Mittelalters, die nicht durch Planung, sondern durch gelenkte Intuition gewachsen sei, während die Griechen und Römer und später die Renaissance (und so weiter), geplante Städte hervorgebracht hätten. Die Stadt des Mittelalters sei ein Produkt des Unbewussten. Geplant versus gewachsen geistert auch heute noch durch die Köpfe. Wenn aber geplant, dann muss man die Planer suchen. Das hat Braunfels in den Archiven der toskanischen Städte schon 1938/1939 begonnen. Es suchte nach den Bauvorschriften und nach den Beamten. Wie war die Bauverwaltung der freien Kommunen wie Florenz, Siena, Pisa oder Lucca organisiert. Wer hat entschieden? Wer war wem unterstellt? Wer hat bezahlt und woher kam das Geld? Die fleissige Quellensuche brachte eine riesige Menge von Belegen zum Vorschein, die in die Kapitel Stadtstaaten, Mauer, Strassen und Plätze, Kirchen, Profanbauten und Stadtbaumeister abgefüllt sind. Abgefüllt schreibe ich, weil ich bei Lesen vor lauter Einzelheiten zuweilen den Zusammenhang verlor. Andersherum: Es ist eine riesige Fleissarbeit, ein rastloses Suchen nach Steinchen, die das Mosaik ergeben und am Schluss, 1949, eine Habilitationsschrift hervorbrachte. Auf meinem Tisch liegt die 4. Auflage von 1979, zum ersten Mal gelesen hatte ich das Buch so um 1980 und nun geriet es mir wieder in die Finger. Damals las ich es wie eine Bestätigung. Braunfels war mein Verbündeter. Denn er bekämpft mit Belegen den Mystizismus und den Schwurbel. Er erledigt die Mär vom instinktiven Werden, vom naturhaften Wachsen, kurz, das romantische Mittelalterbild. Nein die Stadt wurde gebaut, sie ist nicht gewachsen. Das nachzuweisen war sein Ziel. Doch zuerst mal ein Überblick: Bischof im...
Ad Fontes

Die Städte des Mittelalters in der Toskana sind nicht gewachsen, sie sind geplant. Die Beweise findet Wolfgang Braunfels in den Archiven – eines meiner Gründervaterbücher, das ich nach 40 Jahren wieder las.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.