Design, Anfang des 21. Jahrhunderts.

Im Spiegelstadium

Ein harsches Verdikt stellt der Herausgeber Bernhard E. Bürdek an den Anfang seines Readers: Die Disziplinwerdung des Designs, die ihm am Herzen liegt, komme nicht vom Fleck.

Verglichen mit der Medizin stecke sie «über weite Strecken immer noch im Stadium der Wunderheilung» — trotz aller Bemühungen. Selbstverständlich können die versammelten 21 Beiträge diese Lücke nicht füllen. Immerhin, sie wollen dazu beitragen, disziplinäres Wissen zu sammeln und zu reflektieren. Die einen beschreiben Phänomene wie Globalisierung und überlassen es der Leserin, den Bezug zum Design zu knüpfen (Angeli Sachs), andere, wie Volker Albus, gehen von einem Regal aus und beschreiben exemplarisch, wie sich soziokulturelle Veränderungen im Entwurf niederschlagen. Dritte, wie David Cook oder Petra Eisele, blicken zurück und erklären, wie aktuelle Bemühungen — etwa Green Design oder Retro Design — entstanden sind. Beiträge zu mehr oder weniger aktuellen Diskursen wie Nachhaltigkeit, das Verhältnis von Kunst und Design, Universal Design, Service Design oder strategisches Design dürfen nicht fehlen. Sie fassen kurz und knapp den Stand der Diskussion zusammen. Überraschender ist der Beitrag von Hans Peter Hahn zum subversiven Potenzial, das der Konsum in weniger wohlhabenden Gesellschaften haben kann: Es sind weitgehend die Nutzerinnen und Nutzer selbst, die improvisierend und sich selbst ermächtigend den Dingen «neue Funktion, Gestalt und Bedeutung» geben, so sein Fazit. Der Beitrag des Ethnologen zeigt stellvertretend für andere, wie sich der Perspektivenwechsel — vom Entwerfen zum konsumieren, vom Globalen zum Lokalen, vom hoch industrialisierten Westen zu afrikanischen Gesellschaften — für das Design lohnt: weil es sich so im Spiegel anderer Disziplinen selbst erkennen kann. Wie lange das Spiegelstadium des Designs andauern wird, bleibt freilich offen.

 

Design, Anfang des 21. Jahrhunderts
Diskurse und Perspektiven. Petra Eisele und Bernhard Bürdek (Hg.), avedition, Ludwigsburg 2011, CHF 56.90

 

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