Jedes Jahr schaubt Hochparterre Bücher die Ladenhüter aus. Beim Durchwühlen der Beige fiel mir der Katalog «Der entfesselte Blick – Die Brüder Rasch und ihre Impulse für die moderne Architektur» in die Hände. Rasch? Da war doch was. Ja, da war eine Ausstellung, 2015 und weit weg. Sieben Jahren wartete der Katalog auf einen Leser. Herausgegeben hat ihn das Museum Marta Herford, was M(useum) art a(mbiente) auszudeutschen ist und das seit 2005 in einem Bau von Frank Gehry zu Hause ist. Leider sind Marta und weitere Teile Nordrhein-Westfalens meiner Aufmerksamkeit bisher entgangen. Die Brüder Rasch also. Das sind Heinz (1902-1996) und Bodo (1903-1995), die im richtigen Moment, von 1926 bis 1930 nämlich, ein gemeinsames Architektur- und Designbüro in der richtigen Stadt, Stuttgart nämlich, führten. Es ist Weissenhofzeit und die beiden haben sich in diesem kurzen Zeitfenster als Architekten, Möbelentwerfer und Typografen einen Namen gemacht. Sie standen hinter Mies, Gropius, Le Corbusier und den übrigen Helden der Moderne in der zweiten Reihe. Im Miesblock richteten sie eine Wohnung für einen Jungesellen ein und auch im Haus von Behrens eine Wohnung. Den Gebrüdern Rasch winkte damals eine hoffnungsvolle Karriere. Die war allerdings 1933 zu Ende, genauer, sie verkümmerte. Beide, die unterdessen eigene Wege gingen, mussten sich ducken, sich auf ein Überleben im Windschatten einrichten. Nach dem Krieg waren sie zwar noch am Leben, aber richtig Fuss gefasst haben sie nicht mehr. Leute aus der gleichen Generation wie Egon Eiermann oder Hans Scharoun waren da viel erfolgreicher.  Warum also die Gebrüder Rasch? Weil sie alles erfunden haben. Den Freischwinger, den aufgehängten Wolkenkratzer, die pneumatische Architektur. Genauer: Sie waren in den vier entscheidenden Jahren im Stuttgarter Kuchen dabei und haben an allen Entwicklungen der heroischen Moderne mitgemacht un...