Wie wird Sprache zu Literatur? Darauf weiss der kluge Mann Michael Maar eine mehrstimmige Antwort.

Das Literaturmagazin

Es gilt unter Journalisten als höchstes Lob: Der kann schreiben. Den Löwen erkennt man an der Pranke. Doch wie ist sie ihm gewachsen? Jeder Prankenhieb ist anders, doch immer machen sie Löcher im Papier.

Was ist Stil? Ein Schreiber wie ich, müsste das doch wissen. Vor allem, wenn er als Redaktor, Texte von anderen Leuten beurteilen muss. Schreibe aktiv, nicht passiv. Schreibe den zupackenden Satz, habe ich jeweils doziert. Das mag für Hochparterre genügen, doch wie wird Sprache zu Literatur? Darauf weiss der kluge Mann Michael Maar eine mehrstimmige Antwort. Der Schriftsteller und Literaturkritiker hat ein Buch geschrieben, mit dem jeder Schreiber und Leser ein riesiges Magazin betritt. Links und rechts sind Gestelle, worin die Werkzeuge und die Stoffe, woraus man Literatur macht sauber aufgeschichtet sind. Das beginnt mit der Gretchenfrage: Was ist Stil? Maar stellt drei Regeln auf. Erstens braucht’s dafür Begabung, zweitens gibt es «ein paar unfehlbare Stilisten: Schopenhauer, Hebel, Gottfried Keller, Kafka», was ja nur die Regel eins bestätigt. Drittens gibt es keine Regeln, wo es sie gibt, kann der gute Stilist sie brechen, eben weil er einer ist. Da könnt ich das Buch zuklappen und meinen Begabtenquotienten messen lassen und je nach dem, weiterschreiben oder aufhören. Den seinen gibt’s der Herr im Schlaf. Doch so einfach ist’s doch nicht, denn neben der Angemessenheit, Aptum nennt das Maar bildungsfreudig, gibt’s ja trotzdem noch einen Werkzeugkasten des Stils, da können sich alle bedienen. Das beginnt mit den Satzzeichen, führt über «lässliche Stilsünden» und Valérys Regel (entre deux mots, il faut choisir le moindre) zum Gewicht des Verbs und dem des Adjektivs, von Maar ganz altmodisch Beiwort geheissen, zu Para und Hypo. Para meint: «Man kann einfache und kurze Sätze schreiben», Hypo hingegen: «Man kann auch einfache und lange Sätze schreiben», also Kurzsatzstil und Satzbogen. Der Rhythmus, «die schwarze Kunst der Prosa» muss fliessen wie Wasser, mal gestaut, mal hervorschiessend, sprich, abwechslungsreich. Die Metapher ist ein eigenes Kapit...
Das Literaturmagazin

Es gilt unter Journalisten als höchstes Lob: Der kann schreiben. Den Löwen erkennt man an der Pranke. Doch wie ist sie ihm gewachsen? Jeder Prankenhieb ist anders, doch immer machen sie Löcher im Papier.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.