Situationmodell des Siegerprojekts mit Neubau Mittelstufe und Aula/Turnhalle (links) umgenutztem Hauswirtschaftsgebäude und Turnhalle (Mitte), bestehendem Schulhaus und Kindergartenpavillon (rechts)

Herausragender Umgang mit denkmalgeschützter Schulanlage

Die Schulanlage Sternmatt 1 in Baar soll erweitert werden. Huber Waser Mühlebach gewinnen mit einer glasklaren städtebaulichen Strategie – und verunsichern ein wenig mit der Architektur.

Die Schulanlage Sternmatt 1 gehört zu den herausragenden Bauten der Nachkriegszeit im Kanton Zug. Von den lokalen Architekten Hafner & Wiederkehr 1975 erstellt, zeichnet sie sich sowohl durch die leicht anmutenden Bauvolumen als auch durch die Aussenraumgestaltung des Landschaftsarchitekten Fred Eicher aus. Zusammen mit den Schulanlagen Sternmatt 2 und Dorfmatt, mit denen sie über fliesende Freiräume verbunden ist, bildet die Schule Sternmatt 1 einen grossen Schulcampus im Zentrum von Baar.

Wachsende Schülerzahlen verlangen aber auch hier neuen Schulraum, konkret: eine mehr als doppelt so hohe Anzahl Klassenzimmer, zusätzliche Gruppenräume, den Ersatz der veralteten Turnhalle, sowie den nötigen Raum für die schulergänzende Betreuung von 150 Kindern.

Huber Waser Mühlebach Architekten gewinnen den offenen Wettbewerb, an dem 34 Teams teilgenommen haben, mit einer glasklaren städtebaulichen (was hier auch heisst: denkmalpflegerischen) Strategie: Sie verwandeln die alte Turnhalle «ohne komplizierte Eingriffe in ein stimmungsvolles Gebäude für die schulergänzende Betreuung», sie verzichten auf den erlaubten Anbau an das Unterstufenschulhaus und verteilen stattdessen das zusätzliche Programm auf drei Neubauten: es entsteht ein neues Schulhaus für die Mittelstufe, daneben das Gebäude mit Aula und Turnhalle, das den Übergang zum Quartier markiert, und schliesslich ein kleinerer Kindergartenpavillon, der der Unterstufe als Nachbar zugesellt wird. Dank dieses «sehr sorgfältigen und sensiblen Umgangs», so die Jury, gelinge es, die Schulanlage in einem nahezu originalen Zustand zu erhalten.

Schulergänzende Betreuung in der umgenutzten alten Turnhalle

Wie in Wettbewerben häufig zu beobachten, erscheint bei der prämierten Lösung selbstverständlich, was für viele andere Teilnehmer nicht selbstverständlich war. In vorliegendem Fall gilt dies insbesonere für den Umgang mit der alten Turnhalle, welche die Sieger für die schulergänzende Betreuung umnutzen (und deshalb ganz nebenbei auch die «mit Abstand günstigsten Erstellungskosten» aufweisen können). Wie dem Jurybericht zu entnehmen ist, hatten offenbar viele Teilnehmer überlesen, «dass die Denkmalpflegekommission empfahl, den Abbruch der Turnhalle nicht zwingend vorzugeben, sondern dass dies den Wettbewerbsteilnehmern freigestellt werden soll» – und deshalb mit Bedauern dem von der Machbarkeitsstudie vorgeschlagenen Abbruch Folge geleistet.

Demgegenüber konnte das Siegerprojekt in der Beurteilung der Jury als ein «in allen Belangen austarierter Vorschlag» punkten: «Es zeigt eine differenzierte Zuordnung aller Schulbereiche mit guten betrieblichen Abläufen, hohe Freiraumqualitäten, differenzierte, angemessene Architektursprachen für die verschiedenen Ergänzungsbauten sowie einen herausragenden Umgang mit der denkmalgeschützten Schulanlage.» Es ist der Jury gleichwohl nicht entgangen, dass die Architektur der Klarheit der städtebaulichen Strategie noch hinterher hinkt: besonders die Klinkerfassade des neuen Schulhauses wurde «hektisch und kontrovers diskutiert». Nicht dass es sich hier um eine besonders laute oder exaltierte Architektur handeln würde, eher im Gegenteil, jedoch mindert der zögerliche Ausdruck weder den fehlenden Bezug zum Bestand noch den Bezug der Neubauten untereinander. Es bleibt die Erwartung, dass in der weiteren Bearbeitung etwas von der reichhaltigen Klarheit der städtebaulichen Konzeption auch auf die Architektur abfärben wird.

 

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Kommentare

Andreas Konrad 26.06.2019 21:34
Man wähnt sich in Seldwyla : Gerade das « Zentrum » Baars ist an chaotischem Getöse nicht mehr zu überbieten . Die Schulanlage steht bezugslos in der Gegend , mattgelb - hellblau gegen lautes Rot , ein Bahnhof mit klebriger Signalfarbenstreifen - Fassade und Alufenstern aus dem Baumarkt , Kisten aus den 90 -er Jahren und die zerfranste Bebauung überall schreien laut : «Agglomeration» . Planloser Materialmix , dass es einem schon fast physische Schmerzen bereitet , dort durchzufahren . Die Wortwahl des Autors steht knapp davor , als Parodie aufgefasst zu werden . Die Wettbewerbsgewinner versuchen zumindest , Ruhe in den « Dreck » zu bringen . Möge es ihnen gelingen !
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