«Ein Monument der Abschottung»
Philip Ursprung zerlegt in der «Republik» das neue Zürcher Kunsthaus. Ausserdem in der Presse: Denise Scott-Brown, Heizungsersatz im Kanton Zürich und Kritik an französischem Grossprojekt.
«Die Architektur des neuen Kunsthauses ist ein Anachronismus (…). Sie zeugt von einer Auffassung von Kunst als elitäres und exklusives Gut. Sie ist Ausdruck einer selektiven Auffassung von Geschichte und dem Anspruch, die Zugänge zur Kunst zu kontrollieren.» ETH-Professor Philip Ursprung lässt am Neubau von David Chipperfield in seiner furiosen Kritik in der «Republik» kein gutes Haar. «Bevor der Bau auf der für den 9. Oktober geplanten Eröffnung allerdings erneut als «lichtdurchflutet», «weiträumig», «öffentlich», «flexibel» bejubelt wird, möchte ich hiermit in Zweifel ziehen, ob die realisierte Architektur dieser Rhetorik auch nur annähernd gerecht wird. Tut sie leider nicht.» Es bleibe ein Rätsel, warum die Jury sich angesichts der Fülle von originellen Beiträgen ausgerechnet für den eher mittelmässigen Entwurf von David Chipperfield Architects entschieden und später keine Nachbesserungen gefordert habe. Es folgt eine ausführliche, präzise Architekturkritik. Ursprung seziert aber nicht nur die Architektur und den Entscheid der Jury, sondern setzt im zweiten Teil des Textes davor an: Der Standort sei falsch - ein solches Projekt müsse dazu genutzt werden, um Stadtentwicklung zu betreiben. «Warum darf das neue Kunsthaus nicht am Glattpark stehen, oder auf einer Industriebrache in Altstetten oder Regensdorf?» Weil nicht sein kann, was nicht sein darf in Zürich, möchte man anfügen.
Weitere Meldungen:
– Allerdings gilt es auch dies zu bedenken: «Was tun, wenn Städte vom Zentrum her immer weiter nach aussen gentrifiziert werden?», fragt die WOZ und bringt einen «leicht utopischen Spaziergang durch ein Quartier der Zukunft.»
– In der NZZ porträtiert Sabine von Fischer die aussergewöhnliche Denise Scott-Brown: «Sie ist ein vielfaches Rätsel. Sie untersuchte Las Vegas, als keine anderen Architekten dort hingingen, protestierte gegen Sexismus und musste ihrem Mann den höchsten Architekturpreis überlassen. Als Stadtplanerin richtete sie ihr Augenmerk auf Wegführungen und soziale Aktivität. Denise Scott Brown wartet mit 90 immer noch auf den Pritzkerpreis, den sie längst verdient hätte.»
– «Das Gesetz führt zu keiner Leerkündigung»: Der Zürcher Baudirektor Martin Neukom widerspricht in der NZZ Behauptungen zum neuen Energiegesetz.
– In Bern dürfen Restaurants seit der Pandemie draussen doppelt so viele Gäste bewirten – auf Kosten des öffentlichen Raums. Das dürfte so bleiben, schreibt der Bund.
– 380 Wohnungen, zentral gelegen, mit Läden, Restaurants, Kinos, Fusswegen, Krippe, Altersresidenz – und einem Parking mit 850 Stellplätzen: Das Megaprojekt «Ecoquartier de la gare» im französischen Divonne-les-Bains direkt an der Grenze zu Waadt und Genf stösst auf Kritik, berichtet 24 Heures. Die Auswirkungen auf den Verkehr zum Beispiel seien noch nicht gelöst, sagen Schweizer Nachbargemeinden.
– Prädikat «genial»: Der Basler Heimatschutz zeichnet unter anderem das Silo Erlenmatt aus, berichtet die Basler Zeitung: Es sei «ein Glücksfall sondergleichen». Auch die Hofbebauung am Riehenring 3 und die Renovation eines Mehrfamilienhauses am Schaffhauser Rheinweg 63 werden gewürdigt.