Hans Georg Bächtold, der ehemalige Geschäftsleiter des SIA, sprach zu den Gemeindepräsidenten des Thurgau, wie gutes Bauen in der Gemeinde geht. Fotos: energieinstitut.at

Über den Mehrwert des guten Bauens

Hans Georg Bächtold, der ehemalige Geschäftsleiter des SIA, sprach zu den Gemeindepräsidenten des Thurgau, wie gutes Bauen in der Gemeinde geht. Eine Zusammenfassung.

Bei der Frage zum Mehrwert des guten Bauens geht es um Wertvorstellungen, um Bewertungen, um Wahrnehmungen: 1. Bauen hat einen Wert. 2. Gutes Bauen bewirkt einen Mehrwert. 3. Besseres Bauen hat noch mehr wert. Doch lässt sich das messen? Als ehemaliger Geschäftsführer des SIA, dem Verein, der die Baunormen der Schweiz erarbeitet, muss ich feststellen: Es gibt keinen Standard, keine Norm für das gute Bauen. Und es gibt auch keine eindeutige Messlatte oder eine Formel zu Berechnung des daraus entstehenden Mehrwertes. Für mich als Raumplaner ist das Ziel von Eingriffen die Qualität des Lebensraumes, die Lebensqualität der Menschen – ein nicht-monetärer Wert. Für mich stimmt die Definition: Mehrwert ist das Wohlfühlen, das Wohlbefinden.

Also wenn sich der Mieter oder die Eigentümerin in ihrer Wohnung wohlfühlen, daheim sind, wenn Menschen sich in ihrem Quartier sicher fühlen, wenn die Einwohnerinnen und Einwohner in einer Gemeinde, in ihren Ortschaften und Städten Heimat spüren. Wenn Kinder in ihren Schulen geborgen sind und das Schulzimmer zum Lernen animiert. Wenn der Arbeitsplatz innovativ ist. In einem guten Spitalbau werden Menschen schneller gesund und brauchen weniger Medikamente. Gute Altersresidenzen verschönern alten Menschen den Lebensabend – eigentlich eine Selbstverständlichkeit - keine Pflicht. Wenn Sie aus einem Altersheim ein Quartierzentrum machen, dann ergibt das ein Mehrwert für die Bewohnerinnen und Bewohner und ebenso für das Quartier. Gesellschaftliche Mehrwerte erwachsen auch aus barrierefreien Bauten. Mehrgenerationenhäuser, flexibel und anpassungsfähig sind ein Mehrwert auf dem Weg in die Zukunft. Kunst am Bau ist eine Botschaft für Mehrwert.

Welchen Werkzeugkasten könnte aber eine Gemeinde einsetzen, die gutes Bauen fördern will? Ich mache zehn Behauptungen.

  1. Gutes Bauen ist ein Standortvorteil für eine Gemeinde – das ist ein massgebender Mehrwert.
  2. Gute Bauten bewirken eine schönere Heimat. Ein anschauliches Ortsbild erhöht die Identität der Bewohner mit ihrer Gemeinde und ist ein Mehrwert.
  3. Nachhaltigkeit ist ein Mehrwert und ein Massstab für gutes Bauen. Eine gute Baute braucht weniger Energie und schont die Ressourcen.
  4. Raumplanung ist eine wichtige Voraussetzung für gutes Bauen. Raumplanung schafft hochwertigen Lebensraum und Lebensqualität – ein Mehrwert für die Menschen.
  5. Gute Bauten brauchen Mitwirkung. Das Engagement der Bürger erhöht die Akzeptanz und stellt ein Mehrwert für die Gemeinde dar. Solche Projekte kommen einfacher durch das Nadelöhr der Politik.
  6. Der Gemeinderat und die kommunalen Behörden sind verantwortlich für die Baukultur. Mit hochwertiger Baukultur entsteht ein Mehrwert.
  7. Die Gemeinden müssen die Bauherren zu gutem Bauen verpflichten. So entstehen Mehrwerte.
  8. Gute Bauten brauchen Konkurrenz der Ideen und Vergleich der Vorschläge – also Architekturwettbewerbe oder ähnlichen Verfahren. Der Mehrwert wird so vergleichbar. Exkurs: Wettbewerbe kosten nur 7 bis 10 Prozent der Honorarsumme im Durchschnitt. Aber wir kennen ein Problem: Nur etwa ein Drittel der durchgeführten Wettbewerbe werden leider realisiert.
  9. Die Menschen legen Wert auf attraktive und gut zugängliche Freiräume. Für sie ist das ein Mehrwert.
  10. Gutes, sorgfältiges Bauen ist in der Regel aufwändiger, bewirkt aber einen Mehrwert an Lebensqualität für die Menschen. Gewinne sind Zufriedenheit und Umweltqualität.

Kurz es gilt, was Johann Wolfgang von Goethe sagte:  «Das Ausserordentliche geschieht nicht auf glattem, gewöhnlichen Wege».

 

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