Ein Ungetüm bodigen

Ein Verfassungssatz im Kanton Zürich begünstigt den privaten Autoverkehr – und bremst den Klimaschutz aus. Höchste Zeit, den Gesetzesartikel zu revidieren.

Fotos: Patrick Sandri

Ein Verfassungssatz im Kanton Zürich begünstigt den privaten Autoverkehr – und bremst den Klimaschutz aus. Höchste Zeit, den Gesetzesartikel zu revidieren.

«Kanton und Gemeinden sorgen für eine sichere, wirtschaftliche und umweltgerechte Ordnung des Verkehrs und für ein leistungsfähiges Verkehrsnetz.» So lautete Art. 104 der Zürcher Kantonsverfassung. Nun ist das Auto aber kein sicheres, in städtischen Gebieten wirtschaftliches und umweltgerechtes Verkehrsmittel. Es gibt also viele Gründe, den motorisierten Individualverkehr (MIV) im urbanen Gebiet einzuschränken: die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner, die Förderung des leistungsfähigeren öffentlichen Verkehrs, die Sicherheit für alle, vor allem aber für Kinder und Alte, für Fussgängerinnen und Velofahrer. Um aber Einschränkungen des MIV zu verhindern, ist Art. 104 der Kantonsverfassung vor vier Jahren um den Abs. 2 bis ergänzt worden: Er verlangt ein leistungs­fähiges Verkehrsnetz explizit für den motorisierten Individualverkehr und schliesst jede Einschränkung aus, wenn sie nicht gleichzeitig im umliegenden Strassennetz ausgeglichen wird. Damit werden die heutigen Kapazitäten des MIV in der Verfassung festgeschrieben. Im Kampf für den Rosengarten im Februar 2019 wurde der Artikel mächtig ins Feld geführt – die Gegnerinnen und Gegner seien blauäugig, ihre Vorschläge für Alternativen zum Tunnel verfassungswidrig: Art. 104 Abs. 2 bis. Ein radikal autofreundliches Konzept Die Verfassungsbestimmung hat eine Geschichte. Die SVP hatte 2014 eine kantonale ‹Anti-Stau-Initiative› eingereicht und gefordert, dass sich die Leistungsfähigkeit kantonaler Strassen in Zürich und Winterthur an der Nachfrage des MIV ausrichte und die Kapazitäten nicht reduziert werden dürften. Der Zürcher Regierungsrat er­­klärte die Initiative für ungültig: Ein absoluter Vorrang der Privatverkehrsinteressen verstosse gegen Bundesrecht und stehe im Widerspruch zur zwingenden Berücksichtigung auch anderer Interessen wie jenen der Raumplanung, ...

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