Aus alten Hochparterre-Ausgaben fertigt Fabian Knoebl seine Papierschnitte. Fotos: Bea Roth

Freiräume im bedruckten Papier

Das Freiraum-Stipendium bescherte dem Grafiker Fabian Knöbel zwei ruhige Monate in einer Mansarde. Aus Hochparterre-Ausgaben schichtete er dichte Kollagen und formte dreidimensionale Objekte.

Fabian Knöbl erhielt 2015 das Freiraum-Stipendium in Zürich. Ausgerichtet wird es von Index, dem 2001 gegründeten Kollektiv Schweizer Autorinnen und Autoren. Die Gruppe organisiert Veranstaltungsreihen, Festivals, Ausstellungen und Auftritte, dazu gehört seit 2010 das Artist-in-Residence-Programm. Eine kleine Mansarde steht während zweier Monate nicht nur Schriftstellerinnen, sondern auch Kunstschaffenden aller Sparten zur Verfügung. Der Grafiker setzte hier seine Arbeit an fragilen Skulpturen aus gefundenen Materialien fort. Es geht ihm dabei um Beziehungen: Beziehungen von Materialien zueinander, um Verhältnisse von Objekten untereinander.

Der Grafiker Fabian Knöbl nutzt den Raster von Hochparterre und bildet daraus eigene Werke.

Zwei Jahre später fielen ihm Exemplare von Hochparterre in die Hände. Dem Grafiker gefielen die Qualität des Papiers – ‹Planojet›, 90 g – und der Raster. Daraus liesse sich was machen, meinte er, und bat um alte Exemplare. Sein Werkzeug ist der Cutter. Er schneidet damit Lücken in die Hefte, schichtet das Papier zu dichten Collagen oder formt daraus dreidimensionale, fragile Objekte. Er testet das Potenzial des Materials. Wie viele Lücken verträgt ein Objekt? Wie fällt das Werk, wenn es an die Wand gehängt wird? Was braucht es, um das Papier durch die Schnitte in eine Skulptur zu verwandeln? Er schätze die Leichtigkeit der Arbeiten, sagt Knoebl: «So kann ich auch die vermeintliche Statik traditioneller Skulptur hinterfragen.»

Aus dem übriggebliebenen Raster entstehen fragile, dreidimensionale Gebilde.

Papierschnitte nennt er das Verfahren. Der Schnitt wird durch den vorgegebenen Raster geleitet. Am Ende bleibt unbedrucktes Papier übrig – alle Texte und Bilder werden entfernt. Indem Knoebl wegschneidet, was den Inhalt vermittelt, macht er auf die Strukturen aufmerksam, die aus Information erst Inhalt machen. Zurück bleibt eine Zeitschrift ohne Inhalt, nur der Raster als Hinweis auf die Struktur bleibt erhalten. Das sonst Nebensächliche verweist nun auf das Fehlende – und macht es umso bewusster. Auf einer zweiten Ebene feiert Knoebl – ganz Grafiker – die Schönheit des Rasters.

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