Jakob sang das Lob der Musikschule am Musikfestival «Alpentöne» in Altdorf.

Aus dem Leben eines Nachspielers

«Die Musikschule ist die wichtigste kulturelle Tat meiner Generation», das behauptete und belegte ich an der Festrede für das Internationale Musikfestival Alpentöne in Altdorf.

Alle zwei Jahre findet in Altdorf das internationale Musikfestival «Alpentöne» statt. Es ist immer grossratig, es ist immer ausverkauft. Vor dem Auftritt der ersten Kapelle müssen die Musikfreundinnen und -freunde im Theater Uri eine Festrede anhören. Pius Knüsel, der Präsident, bat mich «über etwas aus den Alpen» zu reden. Die Carte blanche füllte ich mit der Überlegung, dass bevor es in den Alpen tönt, die Alpinis die Musik lernen müssen und ich erinnerte mich an meinen Weg als Nachspieler: «Fräulein Mettier trug ein Deux-Pieces, hellbraun, gelbgrün oder grauweiss. Wollenes Tuch. Dunkle Strümpfe in Halbschuhen. Sie hatte ihre Haare sorgfältig zu einem lockigen, graubraunen Helm gekämmt. Fräulein Mettier war dünn, ja dürr. Sie kam mir alterslos vor. Sie war meine Klavierlehrerin. Jeweils am Mittwoch Nachmittag tippelte sie über das Strässchen zu unserem Haus, ein Lädermäppli in der Hand. Fräulein Mettier kam in die Stube, legte ab und sass neben mich ans Klavier. Sie sagte «alla turca». Sie meinte das Rondo der Sonate Nr.11 in A-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart. Und also torkelte ich über die Tasten – berglerisch, nicht beschwingt türkisch.  Fräulein Mettier seufzte und winkte leicht mit ihrer rechten Hand, was hiess, ich solle auf die Seite rücken. Hei, nun galoppierten die Reiter vorbei, die Trompeten ihrer Anführer jubilierten und Fräulein Mettier erschien mir nicht mehr als vertrocknete alte Jungfer, sondern sie strahlte verzückt, die Akkorde ab Takt dreizehn hämmernd. Dann war ich dran; es klang wieder, wie wenn Steine durch die Geröllhalde trolen, vor allem wenn meine Fingerlein einen ganzen Akkord greifen mussten. Wieder zur Seite rücken. Fräulein Mettier spielte noch einmal vor – ihre Pädagogik war begriffslos, sie erklärte nichts, sie spielte vor. Und ich spielte nach; wenn es sein musste sie ein Cherli, i...
Aus dem Leben eines Nachspielers

«Die Musikschule ist die wichtigste kulturelle Tat meiner Generation», das behauptete und belegte ich an der Festrede für das Internationale Musikfestival Alpentöne in Altdorf.

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