Urs Fanger, unterwegs zu seiner visuellen Poesie im Küsnachter Tobel.

Urs Fanger – ein Nachruf

Urs Fanger, der visuelle Gestalter und prägnante Lehrer dieses Faches, ist mit 78 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Ach, was war er für ein quirliger, quicklebendiger Mensch; oft einen Schritt weiter als seine Mitstreiter, ab und zu dann ungeduldig über die Langsamkeit des Rests der Welt. Selten unwirsch aufbrausend, ab und zu rannte er heiter in seinem schnellen Tempo in eine Sackgasse und mit allem Charme war er schon wieder draussen, wenn wir frugen: «Urs, ist das wirklich gescheit?» Urs Fanger hat das Departement Visuelle Kommunikation an der Schule für Gestaltung in Zürich aufgebaut, er machte es stark auf dem Weg zur Hochschule für Gestaltung, er formte aus der Grafikklasse den Studienbereich visuelle Kommunikation, gründete Studienbereiche wie die für Game oder Interaction Design und Medienkunst, reformierte die Fotografieausbildung grundlegend, schaffte grosse Traditionen ab, scheute sich nicht, Fetzen fliegen zu lassen, und fädelte dafür Neues ein. Ich leitete bis 2001 den Studienbereich Design in seiner Regierungszeit, schätzte seine Freude und Neugierde und gab acht vor seinem Wirbelwind. Als ich ihm meinen Rücktritt gab, schlossen wir einen «Kontrakt», der uns ab und zu an denselben Tisch führte – er war ein begnadeter Koch. Wir mochten uns auch, weil er mit dem Kanton Graubünden verwandtschaftlich verbunden war und über viele Jahre in der Surselva sein Tusculum hatte. 

Urs Fanger war ein Seiltänzer, ein Charmeur, einer der gut erhalten übrig blieb in der imposanten Veränderung der Zürcher Designausbildung und 2006 heiter in Pension ging. Sein Verdienst ist, zusammen mit Peter Eberhard dem Departementsleiter Design, und Giaco Schiesser, dem Leiter der Künste, die Ausbildung für Gestalterinnen und Gestalter, beweglich gemacht zu haben, offen, neugierig für intellektuelle Höhenflüge und Theorie. Das hatte mit seinem Temperament zu tun, mit seiner Neugierde, seiner Freude an der Macht, seinem  Tempo und mit seinen Ambitionen, Design hochschulfähig zu machen. 

Grafiker und Künstler

Schon zu seiner Lehrer- und später Professorenzeit hat Fanger immer wieder als Grafiker gearbeitet, das Kursbuch der SBB - ein heute nicht mehr gebrauchter Alltagsgegenstand – war unter andern sein Werk, für die ETH gestaltete er Informationsdesign, für andere Firmen die Signaletik. Ihn interessierten Systeme, deren Schönheit lernte er an der hochschule für gestaltung ulm, wohin der Fischersohn vom Vierwaldstätter-See nach seiner Ausbildung zum Grafiker zog. Zurück in der Schweiz war er Geschäftsführer des Grafikerverbandes und bald Lehrer und Beweger an der Schule für Gestaltung. 

Die Todesanzeige, die seine Familie uns schickte, trägt ein Bild, das Urs Fanger am 23. März noch fotografiert hat. Tanzende Wassertropfen, Spiegelungen der Sonne, farbige Brüche. Es ist Teil seiner Endlosserie, der er sich seit zwölf Jahren gewidmet hat. Unterwegs mit seinem Hund machte er fast jeden Tag eine Fotografie in Küsnacht und Umgebung, Fingerübungen in visueller Poesie, persönliche Bilder seines Naturstudiums und Experimente in serieller Kunst. 

 

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