Holz in zwei Verarbeitungsstufen: Stefan Marbachers ‹Log Chair #1› aus rohem Stamm und gehobeltem Brett. Fotos: Dominik Zietlow

Schreinern wie in China

Sebastian Marbacher interpretiert mit seinen ‹Log Chairs› traditionelle Holzverbindungen aus China und der Schweiz.

Vergangenes Frühjahr reiste eine Pro-Helvetia-Delegation erstmals an die Shenzhen Creative Week, eine der grössten Möbelmessen Chinas. Der Besuch war Teil des Pilotprojekts ‹Neue Zusammenarbeitsmodelle – Kultur und Wirtschaft›. Damit erprobt Pro Helvetia frische Fördermodelle. Das Ziel: Designerinnen und ihre Produkte direkt auf den Markt bringen. Mit dabei war unter anderem der Zürcher Designer Sebastian Marbacher. «An der Messe lernte ich die chinesischen Initianten der Rong Design Library kennen», erzählt er. Sie luden ihn ein, ihre Bibliothek in Hangzhou zu besuchen. Dort präsentierten sie auch ihr Briefing für ihren Auftritt an der Pariser Messe Maison & Objet. Die Aufgabe: ‹Sŭn Măo›-Verbindungen, eine traditionelle Technik, die in China für Holz genutzt wird. Marbacher interessierte das Thema. «In der Bibliothek entdeckte ich ein Buch über den chinesischen Bildhauer Fu Zhongwang. Seine Arbeit faszinierte: Die Art und Weise, wie er rohe Holzstücke mit exakt geschnitzten Verbindungen zusammenfügt», sagt der Designer. Zwar organisierte Rong die Ausstellung, finanzieren musste Marbacher das Projekt aber selbst, unterstützt von der Ikea-Stiftung.

Zurück in der Schweiz zog er Parallelen zu einer lokalen Tradition: Möbel aus Baumstämmen, wie sie besonders in den Alpenregionen zu finden sind – Lowtech, selbstverständlich gezimmert mit dem Material, das gerade verfügbar ist. Diese rohe Ästhetik wollte Marbacher in seine Entwürfe einflechten und neu interpretieren. So sind ‹Log Chair #1› und ‹Log Chair #2› entstanden. Zwei Möbelstücke, die er in seiner Werkstatt in Zürich gebaut hat. Dafür studierte er traditionelle Holzverbindungen. «Inspiriert von den Werken Fu Zhongwangs versuchte ich, mich dem Thema nicht von der technischen, sondern von einer skulpturalen Seite zu nähern», sagt er. So sägte Marbacher ein massives Stück Tanne grob in zwei Teile, die Basis der ‹Log Chairs›. In einem zweiten Schritt schnitzte er eine Nut ins Holz, um ein gehobeltes Nussbaumbrett einzupassen. Das Rustikale des unbehandelten Blocks bricht er, indem er ihn zeitgemäss farbig lackiert. Die schicke Hartholzplatte ölt er.
 

‹Log Chair #2› ist weiss lackiert.

Entsprungen ist die Kooperation einer Initiative, die Markttauglichkeit fördern will. Wie funktionieren diesbezüglich die experimentellen ‹Log Chairs›? «An der Maison & Objet suchen Einkäufer nach Serienprodukten – der Entwurf war dort nicht am richtigen Ort.» Nun präsentiert Marbacher die Möbel in Schweizer Galerien, zuletzt in der Churer Galerie Okro als Teil der Gruppenschau ‹Hello Design›. 

Möbel ‹Log Chairs›, 2019
Design: Sebastian Marbacher, Zürich
Material: Tanne, lackiert, und Nussbaum, geölt
Masse: 65 × 44 × 71 cm (petrol), 61 × 51 × 73 cm (weiss)

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