Werner Huber, Redaktor: «Im Sommer 1984 war mein Fiat 128 3p mein Stolz. Ich fuhr mit ihm an die Kantonsschule, später an die ETH und zweimal nach Polen und zurück. 1990 fuhr ich ihn auf den Abbruch im Säuliamt und verzichte seither auf ein Auto.»

Hochparterre verschwendet und verzichtet

Unsere aktuelle Sonderausgabe widmet sich dem Verzichten und dem Verschwenden. Worauf die Mitarbeitenden von Hochparterre verzichten und was sie verschwenden, sehen Sie in der Bildergalerie.

«Cela est bien dit, mais il faut cultiver notre jardin», sagt Candide am Schluss von Voltaires Novelle und meint: zuerst mal bei sich selbst anfangen. Darum begleiten wir unsere Sonderausgabe über das Verzichten und das Verschwenden mit einer Bildergalerie, die zeigt, was wir selbst – die Macherinnen und Macher von Hochparterre – verschwenden - und worauf wir es schaffen zu verzichten.

Palle Petersen, Redaktor: «Wider falschen Produktivitätswahn verschwende ich möglichst viel Zeit – gerne beim Yoga, im Zug lesend und so oft es geht in den Bergen.»

Agnes Schmid, Verkauf: «Ich verschwende fossile Energien. 600 Liter pro Saison für eine achtköpfige Familie. Dies entspricht zirka 1,4 Tonnen CO2 oder einem Flug Zürich – Dallas einfach für eine Person.»

Rene Hornung, Produzent: «Apérol ohne Spritz: Nein, auf die Fahrt nach Venezia verzichte ich nicht und auf den Apérol auch nicht. Aber die Alkoholmischung mit dem Spritz macht mir Kopfweh.»

Barbara Schrag, Gestalterin: «An kühlen Tagen geniesse ich im ‹Weyerli› meist fast allein die Freibadanlage mit der grösste Wasserfläche Europas, die mir die Stadt Bern gratis zur Verfügung stellt. Welch schöne Verschwendung!»

Anna Raymann, Volontärin: «Ich verschwende Komplimente. Übrigens: Sie machen einen beeindruckenden Job – und das Lächeln gerade steht Ihnen hervorragend!»

Urs Honegger, Online: «Ich verzichte ungern.»

René Hornung, Produzent: «Klassenwechsel für die Gotthardstrecke: Ich erwartete eine etwas relaxtere Fahrt, doch alle Geschäftsleute plapperten ständig ins Handy. Die 20 Franken waren verschwendet.»

Andres Herzog, Redaktor: «Kilometer statt Quadratmeter: Wir leben zu zweit auf 53 m2, weit unter den Vorgaben für genossenschaftliches Wohnen. Lieber verschwende ich Kilometer, um von Mbeya, Xian oder Salvador zu lernen. Reisen bildet, wohnen nicht.»

Roderick Hönig, Edition Hochparterre: «Ich verzichte in der Stadt Zürich auf Velo und E-Trotti und gehe viel lieber zu Fuss. Und das nicht erst seit meine Mutter mir ein Paar goldene ‹Nike Air Max 97› geschenkt hat.»

Ivo Bösch, Wettbewerbsredaktor und Wanderleiter: «Wer mehrere Tage in den Bergen unterwegs ist, merkt irgendwann, wie wenig er braucht. Verzicht ist Luxus.»

Agnes Schmid, Verkauf: «Ich verzichte auf Platz: Küche 3,5 Quadratmeter, Bad 2,5 Quadratmeter.»

Palle Petersen, Redaktor: «Fleisch und Fliegen sind die grossen Klimasünden. Darum grill ich Halloumi auf den Grill und bin seit über fünf Jahren nicht mehr abgehoben.»

Axel Simon; Redaktor: «Ich verschwende Papier. Habe wieder angefangen zu zeichnen. Wie früher im Studium und dem Smartphone zum Trotz. Die anderen stehen mit dem Rücken zum Parthenon, ich schau drauf. Sehschule hat das unser Professor genannt.»

Meret Ernst, Redaktorin: «Ich verzichte auf Alpträume. Immer gelingt es nicht.»

Urs Honegger, Online: «Ich verschwende meine Zeit.»

Anna Raymann, Volontärin: «Ich verzichte auf neue Kleider. In Basel gibt es die besten Flohmärkte, in Zürich werde ich eher in Secondhand-Läden fündig – oder ich tausche die Garderobe mit Freunden.»

Daniel Bernet, Produzent: «Ich verschwende Platz, weil ich gerne Dinge aufbewahre.»

Barbara Schrag, Gestalterin: «Ich verzichte aufs Auto und fast immer aufs Flugzeug. Mein Cilo Renner ist 35 Jahre alt und so oft repariert, dass mittlerweile fast nur noch der Rahmen original ist. Er mich schon von Bern nach Glasgow getragen.»

Susanne von Arx, Verlag: «Ich verschwende Wasser, dusche zu lange, öfters zwei, drei Mal am Tag.»

Köbi Gantenbein, Redaktor: «Ich verschwende Energie, Wasser und Waschmittel, weil ich oft zweimal im Tag ein frisches, weisses Hemd anziehe und ich verzichte auf Lesezeit, weil ich jedes Hemd selber wasche und bügle.»

Daniel Bernet, Produzent: «Ich verzichte auf einen Panzer, und mein Lasteselchen braucht keinen Strom.»

Susanne von Arx, Verlag: «Ich verzichte auf Plastiktütchen, lege Früchte und Gemüse offen in meinen privaten Einkaufswagen und habe immer eine Stofftüte in meiner Umhängetasche.»

Meret Ernst, Redaktorin: «Ich verschwende meine Zeit, Menschen und ihr Treiben zu beobachten. Manchmal auch in den Kommentarspalten von Social Media, zugegeben.»

Ivo Bösch, Wettbewerbsredaktor und Wanderleiter: «In den Bergen verschwende ich viel zu viel Zeit und Kraft. Wozu eigentlich?»

Björn Lindroos, KV-Lernender: «Ich verschwende Strom, da ich an heissen Sommertagen meine mobile Klimaanlage auch gerne mal die ganze Nacht laufen lasse. Darunter leidet nicht nur die Stromrechnung, sondern auch meine Gesundheit.»

Axel Simon; Redaktor: «Ich verzichte auf Social Media weil ich meine Zeit zu wertvoll finde. Der einzige Grund, vielleicht doch schwach zu werden: die Tatort-Rezensionen meines Freundes Oliver auf Facebook.»

Elena Wespi, Verkauf und Marketing: «Ich verzichte möglichst oft auf chemische und industrielle Produkte und ersetze sie mit natürlichen, zum Besipiel Avocado statt Gesichtsmaske, Kaffeesatz statt Peeling, Orange mit Nelken statt Duftstäbchen.»

Werner Huber, Redaktor: «Ich verschwende Raum und vor allem Wände. In der Wohnung rund 50 Meter für Bücher, im Keller 20 Meter für den analogen Teil meiner Fotosammlung.»

Antje Reineck, Visuelle Gestalterin: «Im Garten verzichte ich auf den Einsatz chemischer Mittel und dafür ab und zu halt auf eine Ernte.»

Björn Lindroos, KV-Lernender: «Ich verzichte auf Rauchen und schone somit meine Lunge und meinen Geldbeutel.»

Antje Reineck, Visuelle Gestalterin: «Der Gewürzkonsum unserer Familie ist massiv, wir kochen gerne viel und üppig.»

Elena Wespi, Verkauf und Marketing: «Ich verschwende liebend gerne meine Zeit in der Natur, in den Bergen am Wandern, beim Yoga, am Reisen und die Welt zu erkunden, am lesen und malen. All das macht glücklich, ausgeglichen und erweitert den Horizont.»

Roderick Hönig, Edition Hochparterre: «Ich verschwende viel zu viel Zeit auf Facebook und ärgere mich dann über die vergeudeten Minuten und Stunden. Gleichzeitig staune ich darüber, wie viele andere ‹Freunde› ihre Zeit im blauen Kanal verplempern.»

Werner Huber, Redaktor: «Im Sommer 1984 war mein Fiat 128 3p mein Stolz. Ich fuhr mit ihm an die Kantonsschule, später an die ETH und zweimal nach Polen und zurück. 1990 fuhr ich ihn auf den Abbruch im Säuliamt und verzichte seither auf ein Auto.»

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Kommentare

Andreas Konrad 03.10.2019 16:32
@ Werner Huber : Dennoch schmerzt der Verlust , da es sich im weiteren Sinne um architektonische ( Karosserie ) Meisterleistungen handelt . Freuen tut es einem , wenn man heutzutage zum Beispiel einen Lancia Gamma ( 1980 ) oder sogar einen Aston Martin Lagonda Series 2 ( 1984 ) erspäht , da diese , wie Ihr Fiat , das Stadtbild aufwerten . Velos können diese wertvolle Aufgabe nicht meistern .
Werner Huber 03.10.2019 15:14
@ Andreas Konrad: Tja, der gute Fiat hat sich eben sozusagen selbst verschrottet, indem er mir unter dem Sitz weggerostet ist. Mit Baujahr 1978 war er auch schon zwölfjährig, und für Langlebigkeit waren die Fiat-Karrosserien nicht gerade bekannt. Im Jahr drauf, anno '79, kam der Fiat Ritmo auf den Markt, dessen Name ja bald mit «Rost, in Turin montiert» übersetzt wurde.
Andreas Konrad 03.10.2019 11:29
@ Werner Huber : Die Verschrottung Ihres Fiat 128 3p mag ökologisch richtig sein, ist aber kulturhistorisch ein Frevel. Verzicht hat was sehr protestantisches, Zürcherisches, ist aber keine Ruhmestag. Es gilt, in all dem Downsizing - Wahn die Errungenschaften der Zivilisation nicht gleich mit auf den Müllberg zu schmeissen.
Mac Baertsch 02.10.2019 08:22
Lernen von Afrika, China, Südamerika – hm. Tipp für die nächste Bildungsreise, CO2-arm: In den eigenen 53 Quadratmetern ein kluges Buch lesen, zum Beispiel «Alles könnte anders sein» von Harald Welzer. Und siehe da: Wohnen bildet auch, wenn mans bedenkt.
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