Anti-Einfamilienhaus-Idylle in Erlinsbach: Ein Steg verbindet alle Wohnungen barrierefrei miteinander. Über den gemeinschaftlichen Hof geht der Blick hinüber zum Nachbarhaus. Fotos: Giuseppe Micciché

Schlanker wohnen

Vor dreissig Jahren baute Andreas Hofer für seine Eltern. Heute zeigt er am selben Ort, wie man Einfamilienhausquartiere verdichtet und Vereinsamung entgegenwirkt.

Wenige Autominuten sind es vom Aarauer Bahnhof. Über die Aare und am Ufer entlang, vorbei an frisch zugebauten Hängen, dann den Jurasüdfuss hoch und dem Erzbach entgegen, der ein Dorf unsichtbar in zwei Gemeinden teilt: hier Erlinsbach AG, dort Erlinsbach SO. Die achtzigjährige Emma Hofer sitzt am Steuer ihres Kleinwagens. Links und rechts Ziegeldächer und Baumkronen hinter Hecken und Zäunen. 2014 ergab eine Umfrage zum ‹Wohnen im Alter› im solothurnischen Dorfteil: Die weitaus meisten Erlinsbacher leben hier seit mehr als 15 Jahren, allein oder als Paar in einem Einfamilienhaus. Eine Wohngemeinschaft gibt es nicht in diesem Ort, dafür Betreuung und Essen auf Rädern. Emma Hofer zeigt auf ein üppig begrüntes Grundstück: «Mein Nachbar ist 97 und lebt in sieben Zimmern.» Das sei das Lebensabschnittsproblem des Eiger-Mönch-Jungfrau-Blicks, sagt ihr Sohn Andreas Hofer vom Rücksitz: «Die Häuser türmen sich die Hänge hoch und isolieren ihre älter werdenden Bewohner.»Auf dieses Problem suchen die drei Holzhäuser, vor denen wir aussteigen, eine Antwort. Eins steht quer unten an der Strasse, zwei oben parallel im Hang. Die sägerauen Fassadenbretter leuchten in dezenten Herbstfarben. Erst auf den zweiten Blick sieht man: Das Haus hinten rechts spricht zwar die gleiche Sprache, aber mit reizvollem, fremdartigen Akzent. 1986 hatte es der 24-jährige Architekturstudent Andreas Hofer zusammen mit seinem Kollegen Marc Zumsteg entworfen und mit Freunden selbst gebaut, inspiriert von ihren frühen Helden: grosse Fenster wie einst Charles Moore, ein Satteldach ohne Überstand wie die Vorarlberger, das spitze Vordach aus Blech ist der jungen Zaha Hadid abgeschaut. Im Innern gaben die damaligen Studenten erst richtig Gas: blaue Kacheln und Schachbrettmuster, schiefe Winkel und Trapezblechdecken, Erfindungen wie die Tür, die eine Schlafzimmerecke öffnet, und das Fenster, das über...
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Vor dreissig Jahren baute Andreas Hofer für seine Eltern. Heute zeigt er am selben Ort, wie man Einfamilienhausquartiere verdichtet und Vereinsamung entgegenwirkt.

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