Mischwesen vor Waldkulisse

Die Wohnvirtuosen Kaschka Knapkiewicz und Axel Fickert bauen in Zürich eine braun-biedere Fassade. Die Chronik eines angekündigten Verrisses.

Die Wohnvirtuosen Kaschka Knapkiewicz und Axel Fickert bauen in Zürich eine braun-biedere Fassade. Die Chronik eines angekündigten Verrisses.

Es war auf einem Corona-Spaziergang, als mich der Schlag traf. Am Waldrand, kurz hinter dem Bucheggplatz, wo sich Zürichs Mitte in den Norden verabschiedet, stand ich vor einer hoch aufragenden, braunen Fassade. Die Entwerfer dieser Fassade, Kaschka Knapkiewicz und Axel Fickert, kenne ich gut. Vor zwanzig Jahren war die Assistentenstelle an Axels ETH-Lehrstuhl mein zweites Studium und vor zwölf Jahren gab ich ein Buch über ihren Wohnungsbau heraus. Und nun das! Acht Geschosse, geteilt in einen hellen Backsteinsockel und ein dunkles Darüber aus braunen Platten (‹Rockpanels›, wie ich später erfuhr). Darauf erdig-rot lackierte Deckleisten und ein schilfgrüner Dachüberstand, der mit dem barocken Schwung und Gegenschwung des Baukörpers vor- und zurück-, rauf- und runterspringt und aus manchem Erker ein Türmchen macht. Knapkiewicz & Fickert sind Pioniere der Retrophilie. Sie zitieren gern und viel, aber selten so direkt wie bei dieser Wohnanlage namens Guggach II. Wo sind die Widersprüche, die sonst ihre Werke würzen? Die Frische knalliger Farbtupfer? Die augenzwinkernden Details? Die Leichtigkeit, mit der sie zum Beispiel die 350 Wohnungen ‹Im Klee› in Zürich-Affoltern mit einer Aussenwärmedämmungskolossalordnung gliederten? Hier, am Waldrand, zwinkert nichts. Hier geht es ernst zu, ja bieder. Enttäuscht ging ich zurück in die Redaktion und kündigte an, einen Verriss zu schreiben. ###Media_3### ###Media_4### Der Jurybericht Ich sah mir den Jurybericht an. Die Aufgabe des Wettbewerbs der UBS-Pensionskasse von 2014 war knifflig: 240 Wohnungen auf einer rund 20 000 Quadratmeter grossen Parzelle. Trotz hohem Landwert sollten die Mieten angemessen sein, also: grosse Ausnützung und kleine Flächen. Lage und Dichte sprachen gegen eine Verbindung mit dem angrenzenden Milchbuckquartier. Gesucht war eine Insel mit Anschluss. Das boten die Architekten mit ihrem Projekt ...

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