Der Präsident und die Rektorin der ETH Zürich wollen die Betreuung von Doktorierenden und die Führung durch Professorinnen und Professoren verbessern. Fotos: Shepard4711-flickr

Mesot entschuldigt sich

ETH-Präsident Joël Mesot entschuldigt sich bei den von Mobbing und sexueller Belästigung Betroffenen und will zusammen mit Rektorin Sarah Springman Führung und Betreuung an der ETH verbessern.

Die lange erwartete Entschuldigung der ETH bei den Opfern von Mobbing und sexueller Belästigung ist da. «Ich möchte allen ETH-Angehörigen, die respektlos behandelt wurden, mein grosses Bedauern ausdrücken, insbesondere all jenen, die von Fehlverhalten ihrer Vorgesetzten betroffen waren», sagte ETH-Präsident Joël Mesot zu Beginn der heutigen Medienkonferenz. Die Betroffenen hätten dadurch vielleicht ihre Freude an der Wissenschaft verloren und sich teils gezwungen gesehen, einen anderen Weg einzuschlagen. Die ETH erwarte von ihren Angehörigen einen respektvollen Umgang. Alles andere sei inakzeptabel.

Mesot gestand ein, auch die ETH habe als Institution Fehler gemacht und «nicht immer rasch genug gehandelt oder Betroffene nicht schnell genug geschützt. Auch war die Kommunikation nicht optimal.» Das tue ihm sehr leid für die Betroffenen und er entschuldige sich im Namen der ETH.

Mesot trat zusammen mit ETH-Rektorin Sarah Springman auf und die beiden scheinen engagiert, Lehren aus den Vorfällen der letzten Zeit ziehen und die Schulkultur der ETH erneuern zu wollen.

Sie gaben bekannt, die ETH Zürich wolle jene Astronomieprofessorin entlassen, der jahrelanges Mobbing an ihrem Institut nachgewiesen wurde. Die Schulleitung stellt dem ETH-Rat den entsprechenden Antrag. Es ist ein markanter Schritt – nicht nur als erste Entlassung in der Geschichte der ETH. Die Schulleitung verschärft mit ihrem Antrag die Empfehlung der eingesetzten Kündigungskommission. Diese befand, aus juristischer Sicht sei es nicht gerechtfertigt, die Astronomin zu entlassen; sie sei zu spät verwarnt worden, um ihr Verhalten anzupassen. Die Professorin müsse aber eng begleitet werden und dürfe «eigentlich nie mehr, mindestens aber zwei Jahre lang keine Doktorierenden mehr betreuen.» Gerade dies aber sei eine zentrale Pflicht von ETH-Professorinnen und -Professoren, sagen Mesot und Springman, die zudem das Vertrauen in die Professorin verloren haben, da diese bis heute uneinsichtig sei.

Was hat die beantragte Entlassung mit der Situation am Architekturdepartement zu tun? Zuerst ist Mesots deutliche ETH-Entschuldigung wichtig für die Betroffenen – mieux vaut tard que jamais. Zum Fall von «Professor X» sagte Mesot noch einmal, dessen Verhalten widerspreche dem Compliance-Guide klar und sei nicht tolerierbar. Dass der Professor zurückgetreten sei, sei die beste Lösung gewesen. Mesot will solche Eskalationen künftig vermeiden. Je später man etwas angehe, desto eingeschränkter sei man in der Reaktion. Darum gibt es nun eine Reihe von Massnahmen für bessere Prävention, Führung und Umgang mit Konflikten. Führung wird neben Exzellenz in Lehre und Forschung endlich auch zum zentralen Kriterium für Berufungen. Aber auch bereits eingesetzte und langjährige Professorinnen und Professoren müssen Führungscoachings besuchen. Doktorierende sollen besser und durch mindestens zwei unabhängige Ansprechpersonen betreut werden, um eine zu starke Abhängigkeit von einer Person zu vermeiden. Bei Konflikten will die ETH schneller und entschiedener handeln. Sie stockt die Ombudsstelle von zwei auf drei Stellen auf. Für Meldungen zu sexueller Belästigung und respektlosem Verhalten ist künftig die Personalabteilung zuständig, eventuell wird auch eine externe Meldestelle eingerichtet. Meldungen will man umgehend angehen und innerhalb von sechs Monaten behandeln. Das Case Management soll ausgebaut werden, um Fälle besser abzuwickeln. Ob all die Massnahmen greifen? Die ETH habe einen langen Weg vor sich, meinte Rektorin Springman.

Das Architekturdepartement bildet innerhalb der Hochschule einen Spezialfall, seine Professorinnen und Professoren sind oft keine Hochschul-Profis, sondern (Star-)Architekten und Architektinnen aus der Praxis mit teils grossen Büros. Was fordert die ETH-Schulleitung von ihnen, um das Machtgefälle zu den Studierenden zu mindern? Wie soll das Departement mit Professoren umgehen, die sich respektlos verhalten haben, aber ihre Stelle behalten? Und wie gelingt es dem Departement, mehr Frauen zu berufen? An den Parity Talks wurden solche Fragen bereits diskutiert, und Hochparterre trifft ETH-Präsident Joël Mesot demnächst zu einem Interview und geht mit ihm diesen Fragen genauer nach.

 

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Kommentare

Rahel Marti 15.03.2019 10:39
Die beiden Themen haben auch aus meiner Sicht nicht direkt miteinander zu tun, aber indirekt. Machtmissbrauch kommt überall vor und ist keine Frage des Geschlechts. Diversity schon. Der Lehrkörper soll nicht einseitig besetzt sein, sondern der Diversität der Studierenden, der Gesellschaft möglichst gut entsprechen, bei Geschlecht, Herkunft, Alter und so fort. Ist das der Fall, dann - so verspreche ich mir - sind die Diskussionen und die Schulkultur weniger einseitig dominiert, sondern offener und vielfältiger. Und diese Kultur wiederum kann Machtmissbrauch zwar nicht verhindern, aber eindämmen. Das hoffe ich jedenfalls.
Architekt Zürich 15.03.2019 08:53
Bezeichnend, dass als erstes eine Frau Professorin gehen muss. Wenn man auch alle anderen bisher bekannten Fälle von Missverhalten dazu rechnet (X vom D’Arch + ETH/EMPA) beträgt die Frauenquote runde 50%. Bei den aufgedeckten Skandalen ist also keines der Geschlechter auffallend untervertreten. Und trotzdem wird die nun leider absurde Kopplung der Themen 1. Machtmissbrauch und 2. Frauenquote (als suggerierte Lösung) gerne und gezielt gepflegt. Kann mir jemand erklären warum?
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