In Giornico steht zwischen Dorf und Fluss ein Haus für alte Menschen. Fotos: Marcelo Villada Orti

Giornico piccolo

Baserga Mozzetti haben in Giornico im Tessin ein Altersheim gebaut. Der Lichthof erinnert mit Brunnen und Bank an einen Dorfplatz, die rohen Betonwände an Felswände.

Wohin soll der Blick zuerst schweifen? Zu den höher gelegenen romanischen Kirchen auf der anderen Flussseite? Zu den pittoresken Steinbrücken des einstigen Gotthard-Saumpfads? Zum gut erhaltenen Dorfkern? Oder zu den Wasserfällen, die weiter oben über die Felsen stürzen? Die Panoramen von Giornico, die Besucher und Durchreisende gleichermassen begeistern, tun dies nun auch mit den Bewohnern des neuen Altersheims. Grosse Fenster und eine umlaufende Terrasse im dritten Geschoss bieten ihnen maximale Aussicht. Gleichwohl steht der massive Betonbau mit Fensterbändern aus Lärchenholz kompakt und geschlossen da, auf einer Parzelle zwischen Dorf und Fluss. Rüstige Senioren erreichen das Dorfzentrum in wenigen Schritten, sehen auf dem Pausenplatz die Kinder spielen, sonnen sich auf dem Gartensitzplatz oder spazieren um das Haus zum Fluss. Vom geplanten Gartenparcours allerdings mussten die Architekten wegen Hochwassergefahr absehen. Auch sonst verlangten der nahe Fluss und die Felswand hinter dem Dorf umfassende Planung und Sicherheitsvorkehrungen. So etwa schützen strassenseitig hohe Betonmauern vor Steinschlag.

Innen wie aussen: Beton und lokales Lärchenholz.

Für Bewohner, die nicht mehr so mobil sind, haben die Architekten im Erdgeschoss Giornico ‹en miniature› nachgebildet. Ein Lichthof erinnert mit Brunnen und Bank an einen Dorfplatz und die rohen Betonwände an die Felswand. Über einem Andachtsraum befindet sich ein zweiter Lichthof samt ‹Wasserfall›. Rund um diese lichte Mitte reihen sich Räume für Aufenthalt, Administration und Essen, Physiotherapie und Coiffeur. In den oberen Geschossen schlängelt sich der Gang um die beiden Lichthöfe, den Erschliessungskern und einen Serviceraum für die Pflege. Massgefertigte Möbel aus lokalem Lärchenholz schaffen in Gemeinschaftsräumen und Zimmern eine behagliche Atmosphäre. Die Bewohner sollen sich wie zu Hause fühlen, nicht wie in einem Heim.

Erdgeschoss

Das dritte Geschoss ist eigens für demente Menschen eingerichtet. Gang und Terrasse rund um das Haus kommen immer wieder an den Ausgangspunkt zurück. Die Toiletten liegen direkt am Gang, zwischen zwei Wohneinheiten, damit sie einfach zu finden sind. Eine spezielle Leuchte über jedem Bett simuliert den Verlauf des Tageslichts und hilft den Bewohnern, sich besser zurechtzufinden.

1. Obergeschoss

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 1-2/2019 der Zeitschrift Hochparterre.

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Kommentare

Andreas Konrad 18.01.2019 10:54
Eine Kopie des Schulhauses in Schwamendingen von Rudolf und Ester Guyer, die wiederum Corbusiers Sainte-Marie de la Tourette kopiert haben. Eigentliche Retro-Architektur. Kitsch? Nein. Schön!
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