Von aussen scheint der Neubau ein ganz gewöhnliches Haus zu sein – wenn da nicht der gläserne Sockel wäre. Fotos: Ioana Marinescu

Fin de chantier: Stöckli mit Vielfalt

Etwas ausserhalb von Balsthal, am Rande der Weiermatt, fast am Ende eines kleinen Tals, steht seit Kurzem ein Stöckli. Es ist der bemerkenswerte Erstling des jungen Zürcher Architekten Pascal Flammer.

Als Student hatte er sich seine Sporen bei Valerio Olgiati verdient und auch die ersten Jahre nach seinem Diplom bei ihm gearbeitet. Mit dem Alterssitz für einen Bauern führt uns der Architekt vor, wie sich seine Vorstellung einer Architektur dank Esprit und Beharrlichkeit — und trotz restriktiven Baureglements und eng geschnürten Budgets — umsetzen lässt.
Das kleine Haus mit einer Grundfläche von 8 auf 13 Metern wirkt auf den ersten Blick bescheiden. Das steile Dach mit den tiefen Traufen und die dunklen Fassaden lassen es in der Landschaft als alltägliches Gebäude erscheinen. Die verglasten Öffnungen an den Stirnfassaden erinnern in ihrer Dimension an Scheunentore, und auch die fensterlosen Dachflächen deuten eher auf einen landwirtschaftlichen Zweckbau hin. Nähert man sich dem Haus, wird rasch deutlich, dass unter dem ruhigen Dach besondere Räume entworfen wurden: Das Erdgeschoss ist ein einziger offener und stützenfreier Raum, gegenüber dem Terrain um Tischhöhe abgesenkt. Das umlaufende Fensterband reicht von der raumhaltigen schranktiefen Brüstung bis unter die Decke und verstärkt so den Eindruck, auch im Innern mitten in der Landschaft zu sein. Im Obergeschoss bestimmen zwei gekreuzte Wandscheiben den Grundriss. Sie funktionieren als Überzüge für die Erdgeschossdecke und bilden vier Räume. Eine Wendeltreppe in der Mitte des Hauses erschliesst die drei Zimmer und das Bad. Die Räume sind über die Stirnseiten belichtet und sind mit Schiebetüren untereinander verbunden. Die Raumhöhe reicht bis an den First und verhilft den Zimmern zu erstaunlicher Grosszügigkeit.
Das ausgeklügelte Tragwerk aus Stützen, Streben und Scheiben erzeugt unterschiedliche Räume. Mit Ausnahme des Kellergeschosses ist das ganze Haus aus Tannenholz konstruiert, und auch die Böden und die Decken, die Schränke und die Verkleidungen sind aus demselben Holz gefertigt. Diese einheitliche Materialisierung und die zurückhaltende Detaillierung unterstützen die räumlichen Qualitäten der Architektur. Gratulieren kann man dem Bauern, der sich auf einen aus­serordentlichen Altersitz freuen darf, und dem Architekten, dem ein beachtliches Debüt gelungen ist.

Stöckli Weiermatt, 2011

Römerstrasse 24, Balsthal SO
> Bauherrschaft: privat
> Architektur: Pascal Flammer, Zürich
> Ingenieur: Conzett, Bronzini, Gartmann, Chur
> Holzbauer: Zimmerei Meier, Laupersdorf

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