Eine Wünschelrute soll helfen, Strahlungen besser wahrzunehmen. Fotos: Stephan Rappo

Esoterik am Bau

Warum setzen selbst institutionelle Bauherren auf Wünschelrute und Lebenselixiere? Eine Reportage aus dem Graubereich zwischen Glaube, Gestaltung und Gesundheit.

Paul Leibundgut drückt Daumen und Ringfinger zusammen, als würde er meditieren. Dann dreht der kleine Mann in der grauen Filzjacke die Hand um und bewegt sie langsam hin und her hinter dem Kopf von Stefan Klarer, der auf einem Barhocker in der Küche sitzt. Klarer ist ein gross gewachsener, kräftiger Mann, der in Hallau bei Schaffhausen für halb Europa Rutschbahnen plant. Sein Geschäft beruht auf der Schwerkraft, mit dessen Beschreibung Isaac Newton vor 300 Jahren die Aufklärung begründete. Doch Klarer schläft schlecht, weder Baldrian noch Fernsehen helfen. Also hat er den Rutengänger Paul Leibundgut bestellt. Er soll das umgebaute Bauernhaus auf negative Einflüsse untersuchen. «Vielleicht mache ich mir einfach zu viele Sorgen», meint Klarer schmunzelnd. «Oder es stimmt sonst etwas nicht.» Aber wie geht das Sprichwort? ‹Nützts nüt, so schadts nüt.›

Körperspannung: Die Radiästhesie ist eine mentale Angelegenheit.

Parawissenschaften am Bauhaus

Das Bauen ist handfest: Der Ingenieur berechnet, die Bauphysikerin misst, der Architekt zeichnet Linien. Doch seit jeher sehnen sich die Bewohner nach mehr als einem schönen Dach über dem Kopf. Die katholische Kirche bietet Haussegnungen an, ‹20–C+M+B–19›-Aufkleber über der Türe sollen böse Geister fernhalten, reinigende Rituale Wohnungen von belastenden Energien der Vormieter befreien. Die chinesische Harmonielehre Feng-Shui bringt den Menschen in Einklang mit seiner Umgebung. Selbst am Bauhaus, der Hochburg der Funktionalität, gab es alternative Strömungen: Im Buch ‹Das Bauhaus und die Esoterik› geht der Historiker Christoph Wagner den unterschiedlichsten Ausprägungen nach, «die von der Freimaurerei über die Theosophie, Anthroposophie, Astrologie bis zur Mazdaznan-Lehre und Parawissenschaften reichen».

Der Feng-Shui-Bagua-Kompass unterstützt die Arbeit des Rutengängers.

Hundert Jahre später ist die Esoterik technischer geworden, wie die Welt überhaupt. Es werden allerlei Apparate, Vorrichtungen und Verfahren angeboten, die die Gebäude angenehmer und ihre Bewohner ausgeglichener machen sollen. Die Formulierungen bleiben weich. «Totes Material» wird «belebt», die Natur «durchgeistigt», die «Weltgesetze» und das «Lebenskräftegefüge» in Einklang gebracht. Damit wir «besser, lebendiger, gesünder» wohnen. Die Liste der zweifelhaften Produkte ist lang. Seit Jahrzehnten verkauft die österreichische Firma Grander Geräte, die das Leitungswasser vitalisieren sollen, und setzt damit Millionen um. Andere vermarkten entmagnetisierten Baustahl, um vermeintlich schädliche Strahlung zu verhindern. Wieder andere preisen Oberflächenbehandlungen an, die wahre Wunder verheissen. Die Grenzen zwischen technischen Versprechen, werberischen Ausschmückungen und esoterischen Glaubenssätzen sind fliessend, zum Beispiel bei Mondholz. Dem nach Mondphase geschlagenen Holz werden subtile Unterschiede bezüglich Wasserverlust, Dichte und Schwindverhalten nachgesagt. Beworben wird es aber oft auch als besonders gesund, für Allergiker geeignet und generell positiv für Körper und Geist.

Das esoterische Bauen ist eine Nische, aber auf feinfühlige Einfamilienhausbesitzer beschränkt es sich längst nicht mehr. Stiftungen, Pensionskassen und Baugenossenschaften bestellen Zusatzmittel. Namhafte Architekten wie Atelier 5, Buol & Zünd oder Gigon Guyer verbauen – auf Geheiss der Bauherrschaft – fragwürdige Produkte. Auch die öffentliche Hand will ganzheitlich planen und gibt Steuergelder für Hokuspokus aus: Eine Schule, ein Pfarreizentrum, ein Behindertenheim zählt ein Anbieter zu seinen Kunden. Beliebt sind insbesondere Produkte für das Material, das Architekten vergöttern und viele Laien verschmähen: Beton. Nicht Gestaltung soll helfen, sondern ein Allheilmittel. Dieses verankert im Material «eine feine Lebendigkeit», schreibt ein Hersteller. Die Menschen empfinden den «Bio-Beton» als «warm, weich, weit, wohltuend, atmend». Zu den Inhaltsstoffen zählen die Gehäuse von Kopffüsslern sowie ausgewählte Metalle und Mineralstoffe. Die «Urtinktur» wird in 21 Stufen hergestellt und potenziert, also verdünnt. Deshalb gehe davon «keinerlei physikalische oder chemische Beeinflussung des Baumaterials aus», so der Anbieter.

Die Stiftung Habitat in Basel hat bei mehreren Bauten einen solchen Zusatzstoff bestellt, um die Unterlagsböden zu beleben: Beim Jazzcampus sowie bei Neubauten an der Hüningerstrasse und auf dem Gebiet Erlenmatt Ost. «Wir möchten ein angenehmes Wohnklima schaffen», sagt Jochen Brodbeck, Leiter Bau und Unterhalt. Die Stiftung geht darum weiter, als das Eco-Label verlangt, nach dem sie konsequent baut. «Manche fühlen sich dank dem Zusatz wohler.» Eine «radiästhetische Messung» habe die Verbesserung bestätigt. Brodbeck weiss, dass die Messung wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Doch die Kosten seien vergleichsweise gering: Bei sechs Franken pro Quadratmeter liegen sie bei rund 5000 bis 25 000 Franken, je nach Gebäudegrösse. «Und selbst wenn nur wenige Personen einen Unterschied spüren, hat es sich gelohnt.» Architekten reagierten auf den Wunsch derweil mit Schmunzeln bis Ablehnung. «Es brauchte einiges an Überzeugungsarbeit», sagt Brodbeck.

Ein Messgerät ermittelt verschiedene elektromagnetische Frequenzen, vom Rundfunk bis zum WLAN.

Reaktion des niederen Selbst

Paul Leibundgut hält inne und notiert: 6,4. 10,6. 12,8. «Das sind die Wellenlängen der Störstrahlung an der medulla oblongata am Hirnstamm, die nicht verarbeitet sind.» Stefan Klarer fragt neugierig und leicht ungläubig nach, wie er auf die Zahlen kommt. «Ich zähle und erhalte eine Reaktion durch Fingerschnippen, die Wellenlängen sind in meinem niederen Selbst gespeichert.» Ein Pendel brauche er dazu nicht wie viele Kollegen. Zur Kontrolle helfe manchmal eine Rute, doch die Radiästhesie sei eine «rein mentale Angelegenheit». Leibundgut lacht laut, als wollte er die Zweifel seines Gegenübers zerstreuen. Die Wissenschaft will den Störfaktor Individuum ausschalten, der Wünschelrütler zielt eben darauf ab.

«Architekt, Baubiologe, Rutengänger und Feng-Shui-Berater», steht im Telefonbuch. «Ich war kein grosser Architekt», sagt Paul Leibundgut, der oft für Allergiker gebaut hat. «Ich habe viel mit den Leuten geredet.» In den Achtzigerjahren fing er als Rutengänger an, er besuchte Seminare zur Radiästhesie und absolvierte in Deutschland einen Fernkurs in Baubiologie. Heute arbeitet der 73-Jährige nur noch auf diesem Gebiet. Neunzig Objekte hat er letztes Jahr untersucht.

 

Der Esotechnik-Kämpfer

Rainer Bunge kämpft schon lange gegen die «Esotechnik», wie er sagt. Vor Jahren erarbeitete der Professor am Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der Hochschule für Technik in Rapperswil einen kleinen Ratgeber, um unseriösen Technikangeboten auf die Schliche zu kommen siehe ‹Der Scharlatan-Check›, Seite 34. Zudem stellte er rund vierzig unglaubwürdige Firmen auf eine schwarze Liste, worauf ihm haufenweise Klagen angedroht wurden. Bunge sieht seine Arbeit als Service für die Allgemeinheit. «Wohin soll sich eine Gemeinde wenden, die unsicher ist, ob ein aufwendig beworbenes, zweifelhaftes Produkt technisch überhaupt funktioniert?», fragt der Professor verärgert. «Es wäre Aufgabe der Bundesämter, eine Beratung anzubieten, damit keine Steuergelder verschwendet werden.» Abstruse Theorien, emotionale Argumente, Halbwissen: Das Internet gibt jedem das Recht auf seine eigene Meinung. Gott ist tot, an etwas glauben müssen die Menschen trotzdem. Ärzte und Architektinnen können ein Lied singen von Laien, die es besser wissen. Für den Wissenschaftler Bunge ist die Sachlage häufig eindeutig. Ob Wasseradern oder Erdstrahlung: Die Wirkung ist psychologisch, nicht physikalisch. Der vielbekannte und mächtige Placeboeffekt. «Wer sich besser fühlt, soll sich diese Geräte ruhig kaufen», sagt Bunge. Aber eine objektiv messbare Veränderung dürfe man nicht erwarten. Das Schwimmbad wird nicht weniger Chlor benötigen, die feuchte Kellerwand nicht schneller trocknen, der belebte Beton nicht gesünder machen.

Der Professor hat selbst schon Nachweise für Anbieter durchgeführt. Als die Messwerte nichts belegten, hielten die Firmen trotzdem an ihren Theorien fest. «Wissenschaft funktioniert genau anders herum.» Besonders gewiefte Firmen stellen eine Behauptung in den Raum, die wissenschaftlich gar nicht nachweisbar ist, und bieten dann eine Lösung dafür an. «Das ist wie ein Amulett gegen Werwölfe», so Bunge. Einen Beweis dagegen gibt es a priori nicht. Viele Hersteller verwenden zudem Fachbegriffe, um eine Wissenschaftlichkeit vorzugeben. Besonders beliebt: die Quantenphysik. Sie ist schwer verständlich, widerspricht dem gesunden Menschenverstand und hat viele Erklärungslücken. Doch damit ist nichts ausgesagt in Bezug auf ein Wundermittel.

Wären die Klagen vor Gericht gekommen, hätte er gute Chancen gehabt, ist Rainer Bunge überzeugt. Dort zählen Tatsachen. «Einige Anbieter mussten schon hohe Strafen zahlen, vor allem wenn sie einen gesundheitlichen Effekt versprochen hatten», sagt er. Viele sind darum vorsichtig geworden. Auf ihren Websites schreiben sie mit keinem Wort von einer Wirkung. Stattdessen lassen sie Anwender von ihren Erfolgen erzählen. Das ist rechtlich nicht angreifbar. Jede Privatperson kann behaupten, was sie will.

Mit der Lecherantenne spürt der Rutengänger unterschiedliche Strahlungen auf.

Die Planetenlinie der Venus

Paul Leibundgut geht langsam quer durch das Wohnzimmer von Stefan Klarer. In den Händen hält er eine Lecher-Antenne, eine Art Rute mit zwei Metallstäben und einer Skala in der Mitte. Damit misst er die Schwingungen im Raum. Eine Wasserader spürt er keine mehr. Vor dreissig Jahren installierte er im Nachbarhaus ein Entstörgerät, das offenbar immer noch wirkt. Plötzlich bleibt der Mann stehen, die Antenne schlägt nach oben. «10,0», sagt er und klebt eine Markierung auf den Boden. «Hier sollten Sie einen Sessel platzieren, das ist ein Ort, um mit sich in Einklang zu kommen.» Die Katze schnuppert am Klebeband und läuft unbeeindruckt weiter. 14 000 Bovis-Einheiten misst Leibundgut. Die Zahl gibt Auskunft über die Stärke der «feinstofflichen Energie». «Über 12 000 sprechen wir nur noch von seelischen, geistigen Werten», sagt er. Der Rutengänger schlägt eine Mappe auf, in der Planeten abgebildet sind. 10,0 korrespondiere mit der Planetenlinie der Venus und mit dem Herzchakra. Er erzählt von Franz von Assisi, vom Reaktionsabstand des Körpers, von der Schumann-Resonanz, vom Atmen der Erde, von einem Benkergitter im Boden, nach dem schon die alten Römer gebaut hätten. Geschmeidig verknüpft Leibundgut religiöse Anekdoten, esoterische Formeln und indische Mythologie. «Himmel», ruft Stefan Klarer. «Das ist kompliziert.»

Leibundgut wird wieder praktisch. «Sie sollten an der Fassade die Erdenergie verstärken», rät er. Schon ein Bild umzuhängen, könne helfen. Im Treppenhaus empfiehlt er etwas Rundes, Konzentriertes. Zum Beispiel eine Uhr. Der Mann gibt keine gestalterischen Ratschläge, er wirkt nicht als Innenarchitekt. Seine Empfehlungen beruhen auf dem Bagua, einem archetypischen Muster aus dem Feng-Shui. Nun zeigt Leibundgut auf den Spiegel, der an der Wand lehnt. «Das ist die Seite der Autorität», sagt der Rutengänger, der nun wie ein Psychologe oder Seelsorger klingt. «Lebt ihr Vater noch?»

 

Gesunde Häuser

«Wer von Bauökologie redet, muss etwas von Chemie verstehen», sagt Michael Pöll. Der Bauökologe ist bei der Stadt Zürich zuständig für Schadstoffe in Gebäuden und sitzt in der Geschäftsleitung von Ecobau. Was unserem Körper gut tut und was nicht, weiss er also. Pöll gibt mehrmals im Jahr Auskunft wegen obskurer Produkte im Bau. «Die kommen wie das Amen in der Kirche.» Er rät zu gesundem Menschenverstand und dazu, frühere Bauherren zu befragen. Harte Fakten also statt Marketingfabeln.

Michael Pöll bezeichnet sich als Technokrat, er sieht die Welt rational. Trotz seiner Skepsis will er nicht alles Unerklärliche als Humbug abtun. «Es gibt mehr als das, womit wir uns beschäftigen», sagt er. Früher hätten die Bauern gewusst, wo sie die Ställe bauen mussten. Der Bauökologe erinnert an den Leitsatz der Messtechnik: «Wer misst, misst Mist.» Und er erzählt von einem Erlebnis mit dem Wünschelrütler Paul Leibundgut. «Ich kann es nicht beschreiben, aber da war etwas.» Pöll glaubt indes nur, was er physikalisch erklären kann, was eine naturwissenschaftliche Basis hat. Dass Tageslicht die Gesundheit beeinflusst, ist belegt. Auch Farben wirken auf die Psyche, weshalb Ausnüchterungszellen beispielsweise rosarot gestrichen sind.

Ecobau zieht die Grenze der Logik beim Elektrosmog. Die elektromagnetischen Strahlen sind messbar, und sie nehmen zu, seit jeder mit Handy, Laptop und Kopfhörern funkt. Die Wissenschaft sagt dazu: ungefährlich für die Gesundheit. Doch alles weiss man noch nicht. «Die nächste Generation ist die erste, die lebenslang dieser Strahlung ausgesetzt ist», sagt Pöll, der kein Handy besitzt und das Wi-Fi zu Hause in der Nacht vorsichtshalber abschaltet. Ecobau rät, Stromleitungen strahlungsarm zu verlegen und WLAN-Sender möglichst weit weg von Menschen zu platzieren. Sicher ist sicherer.

«Wir bauen heute gesund», stellt der Bauökologe klar. «Die akuten Gefahren sind vom Tisch.» Asbest wird nicht mehr verwendet, giftige Lösungsmittel sind verboten. Dass sich Menschen trotzdem unwohl fühlen, hat einerseits mit dem Wohlstand zu tun, den die Aufklärung geschaffen hat. Erst wer Heizung, Licht und Storen im Haus per Knopfdruck bedient, macht sich Sorgen um pseudowissenschaftliche Theorien. Andererseits geht es um Sinnsuche. Die einen sehnen sich nach etwas Urtümlichem als Antwort auf die Technik, die unser Leben und unsere Gebäude immer tiefer durchdringt. Andere finden in esoterischen Ritualen einen Ersatz für Religion. Im Unterschied zu dieser gehört die Esoterik in den Graubereich zwischen Glauben und Fakten, Wahrnehmung und Objektivität. Die Baukunst beruht auf einer ähnlichen Unschärfe. Gestaltung ist nicht messbar. Anders als die Esoterik hat Architektur aber einen allgemein verständlichen Anspruch. Gute Architektur jedenfalls.

Homöopathische Mittel sollen gegen Elektrosmog wirken.

Das kleinblütige Weidenröschen

Das Messgerät pfeift, surrt und heult. Paul Leibundgut prüft im Schlafzimmer von Stefan Klarer mit verschiedenen Geräten mehrere elektromagnetische Frequenzen. Er ist nicht zufrieden. «Das WLAN ist zu stark.» Der Rutengänger empfiehlt ein homöopathisches Mittel dagegen: das kleinblütige Weidenröschen. Er holt ein Fläschchen hervor und sprüht ein paar Mal an die Wand hinter dem Bett. Auf die Pflanze ist Leibundgut selbst gekommen, per Zufall wie er sagt. Bei Neubauten würde er zu einer Grundsteinlegung raten. In der Hand hält er ein Bündel Steinplatten, die er in die Ecken des Fundaments legt. «Die Steine sind in Resonanz zueinander.» So würden sie negative Schwingungen abhalten.

Leibundgut holt erneut die Antenne hervor. Beim Kissen sind die Strahlen erhöht. Stefan Klarer hat einen Netzfreischalter installiert, der den Strom kappt, wenn kein Gerät mehr läuft. Besser geschlafen hat er deshalb nicht, wie er sagt. Leibundgut hat derweil eine Störquelle eruiert: das Nachttischlämpchen. Es muss weg. «Die Energie sollte vom Kopf zu den Füssen fliessen und nicht umgekehrt», erklärt er. Damit die Richtung stimmt, klebt er ein Stück eines Computerkabels am Ende des Bettes fest. Klarer guckt verdutzt: «Hoffen wir, dass es wirkt.» Die Drähte helfen, meint Leibundgut. Da brauche es keine teuren Geräte, für die andere Hunderte von Franken verlangen würden. Ob das Kabel funktioniert oder die Abklärungen ihn allgemein beruhigten: Stefan Klarer schläft seither besser.

 

Der Scharlatan-Check

In seiner Checkliste nennt HSR-Professor Rainer Bunge Faustregeln, um technisch wirkungslosen Produkten auf die Schliche zu kommen. Erstens: Magnete oder elektromagnetische Impulse haben keinen Einfluss auf die technisch relevanten Eigenschaften von Flüssigkeiten wie Wasser oder Benzin. Zweitens: Kristalle haben keinen spezifischen Einfluss auf Flüssigkeiten, elektromagnetische Felder oder Strahlung. Drittens: Wasser hat keine definierte Struktur, kein «Gedächtnis» und kann keine «Information» übertragen. Viertens: Erdstrahlung, «freie Energie» und Tachyonen gibt es nicht. Rainer Bunge rät grundsätzlich zur Vorsicht, wo die Rede ist von Schwingungen, Wellen, Wünschelrute, Bovis-Einheiten, Raumenergie, Informationsübertragung, Grander, Viktor Schaufelberger, Masaru Emoto oder Nicolai Tesla.

Weitere Tipps helfen. Unseriöse Verfahren bewirken oftmals angeblich keine negativen Effekte, auch bei falscher Anwendung. Doch wo eine Wirkung ist, gibt es auch eine Nebenwirkung. Unscharfe Formulierungen wie «kann, oft, meistens» schwächen Behauptungen ab und sichern rechtlich ab. «TÜV-geprüft» heisst nicht, dass etwas funktioniert, sondern meist nur, dass es den Sicherheitsnormen entspricht. Eine Anmeldung zum Patent sagt ebenfalls wenig aus, weil das Amt die technische Wirksamkeit nicht testet. Auch eine «Zusammenarbeit mit einer Universität» muss nicht viel bedeuten, das kann auch nur eine gesponserte Semesterarbeit sein. Vorsicht gilt grundsätzlich bei märchenhaften Versprechen, eierlegenden Wollmilchsäuen und genialen Tüftlern. Was so schön klingt, ist meistens nicht wahr.

 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 4/2019 der Zeitschrift Hochparterre.

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