Eins unters Dach gekriegt

In Boswil baute Gian Salis ein altes Bauernhaus zum modernen Gästehaus für Musikerinnen um. Im heutigen Normenwald ein bizarrer Kraftakt. Und trotzdem toll.

Fotos: Gian Salis

In Boswil baute Gian Salis ein altes Bauernhaus zum modernen Gästehaus für Musikerinnen um. Im heutigen Normenwald ein bizarrer Kraftakt. Und trotzdem toll.

Eigentlich ist das Hochstudhaus ein hölzernes Zelt. Kräftige Ständer, die Hochstüd, tragen den Firstbalken. Von diesem herab hängen zu Paaren verzapfte Rundbalken, die Rafen, über die Aussenwände. Das war schon in der Jungsteinzeit praktisch, denn der Dachstuhl schiebt die Wände nicht zur Seite und lässt sich so steil bauen, wie es die frühen Strohdeckungen verlangten. Einst waren solche Häuser vom Berner Mittelland bis zum Schwarzwald verbreitet. Die wenigen, die es heute noch gibt, verschwinden so schnell, dass eine Kantonsarchäologin der ‹Aargauer Zeitung› sagte, sie sei geradezu zur Sterbebegleiterin für Hochstudhäuser geworden. In Boswil ist eines nun als Haus für Musikerinnen neu geboren. Tritt man durch das Scheunentor ins einstige Tenn, reicht der Blick durch das Haus und das angebaute Sitzungszimmer hindurch. Eine geölte Stahltreppe führt selbstbewusst in zwei langen Läufen hinauf zu den Probesälen. Auf jeder Seite reckt sich ein Hochstud bis unter das Dach. Ein eindrückliches Raumerlebnis – doch der Besucher stutzt: Kräftige Kerben im alten Holzgerüst erzählen von verschwundenen Decken. Hat Gian Salis tatsächlich die historische Raumstruktur für ein luftiges Entrée ausgeräumt? Der Architekt zögert nicht: «Das Haus wurde schon in der Vergangenheit krass umgebaut, und so sind auch wir vorgegangen, waren dabei aber hoffentlich so gut wie der Originalbau. Dessen Balken waren im Tenn bereits abgetrennt. Wir haben dort vor allem die Einbauten der 1970er entfernt, um statt eines dunklen Labyrinths einen hellen Ort zu schaffen, wo man ankommt, sich bewegt und von wo aus man die Musiksäle erreicht.» ###Media_2### Brutal und behutsam zugleich Was Gian Salis mit den krassen Umbauten meint, versteht man aussen, wo sich die Baugeschichte bestens ablesen lässt. Um 1700 entstand der mittige Teil als bäuerliches Wohnhaus. Bald kamen im Norden ein Stal...

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