Justus Dahinden, der Baumeister der Kirchen, ist gestorben. Fotos: Urs Walder

Der Kirchenbaumeister ist im Himmel

Am Ostersamstag ist Justus Dahinden, 95 Jahre alt, gestorben. Ein persönlich gehaltener Nachruf auf den Baumeister von Kirchen, auf den phantasievollen Schreiber und auf den pfiffigen alten Mann.

Ruhiger und ruhiger wurde es um Justus Dahinden, den eloquenten, pfiffigen alten Herrn, den grandiosen Erzähler und bis in hohe Alter selbstbewussten Baukünstler, der noch mit 90 Jahren grosse Projekte anpacken wollte, immer griffbereit in der Tasche einen schwarzen Fixpencil: «In Saudiarabien will ich noch eine Sonnenhügelstadt bauen.» Er zügelte dann ins Altersheim; bald noch ruhiger werdend, tauchte er schliesslich in seine Welt ein und ist nun mit 95 Jahren gestorben. «Unaufgeregt», wie mir Ivo Dahinden heute in einem Mail geschrieben hat, der Sohn, der immer wieder mit seinem Vater gebaut und ihn in seinen letzten Jahren begleitet hat. Die Schräge Justus Dahindens erstes Buch trug 1956 den Titel «Versuch einer Standortbestimmung der Gegenwartsarchitektur». Hier, in seiner Dissertation, hat er über sein erstes Haus nachgedacht. Ein Zelthaus, das er für seinen Vater auf der Rigi gebaut hatte. Er stellte dafür eine Pyramide auf eine gestelzte Plattform. Das Nurdachhaus hat nur schräge Wände. Das erste Projekt hat die Themen seines Architektenlebens früh begründet: die Wahrnehmung, die «Philosophie der Schräge» und die Phantasie. Justus Dahindens Denken und Arbeiten hat sich von Anfang an den «Emotionen orientiert, die ich als Architekt bewirken wollte» – Geborgenheit, Eigenheit, Aufmerksamkeit. Und so zeigte er in seinem letzten Buch «Form und Emotion» sechzig Jahre später die Essenz seines Werks. Ausgebildet an der ETH, war ihm Le Corbusier der Halbgott wie allen seiner Generation. Aber er orientierte sich früh auch an sich selber. An seinen existenziellen Naturerlebnissen und -erfahrungen. Sein Vater war ein berühmter Skifahrer, seinen Bruder barg man tot aus der Lawine. Sechzig Jahre später kullern Tränen über seine gerunzelten Wangen, als er mir vom Bergtod berichtet hat. Später kam die Jagd dazu. Ich besuchte den alten Mann in seinem in Garten un...
Der Kirchenbaumeister ist im Himmel

Am Ostersamstag ist Justus Dahinden, 95 Jahre alt, gestorben. Ein persönlich gehaltener Nachruf auf den Baumeister von Kirchen, auf den phantasievollen Schreiber und auf den pfiffigen alten Mann.

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