Im Zentrum des Projektes steht die wilde Natur auf Flächen, die zuvor stark vom Menschen geprägt worden sind.

Schönheit und Nutzen der vierten Natur

In einem Bildband dokumentiert FHNW-Student Benjamin Kunz die spontan gewachsene Natur auf ungenutzten Arealen. Er will damit eine ästhetische und eine politische Diskussion in Gang bringen.

Meine Bachelorarbeit in Visueller Kommunikation an der HGK FHNW setzt sich mit der Natur im urbanen Raum auseinander. Im Fokus standen alte Bahnareale, Kiesgruben sowie Brach- und Industrieflächen. Spontan gewachsene Natur, auf zuvor unwiderruflich von Menschen geprägten Standorten, definiert der Berliner Ökologe Ingo Kowarik als Natur der vierten Art. Sie unterscheidet sich ästhetisch und in ihrer Zusammensetzung stark von der gestalteten, funktional genutzten dritten Natur in öffentlichen Grünanlagen.

Im März karg und spärlich bewachsen, hatte sich ein ehemaliges Bahnareal im Juni zu einem urbanen Paradies aus hüfthohen Pflanzen entwickelt.

Anders als bei Stadtparks existieren solche Flächen und die darauf wachsenden Natur oft nur temporär. Meist werden solche Areale bald bebaut, um zentrumsnah zusätzliche Wohn- oder Gewerbeflächen zu schaffen. Viele Menschen betrachten solche Areale als Schandfleck und sind sich der Vorteile für Mensch und Umwelt gar nicht bewusst. Doch die vielfältige Flora und Fauna trägt zur Biodiversität bei und ermöglicht es, Natur in der Stadt zu erleben.

Die Spuren menschlicher Anwesenheit werden im Verlauf des Buches immer stärker spürbar.

Vier Monate lang habe ich am Stadtrand von Basel die Natur auf solchen Arealen dokumentiert und war erstaunt, wie rasch und unerwartet sie sich entwickelt. So entstanden einerseits Fotografien von unberührten Naturflächen, aber auch Bilder mit deutlich sichtbaren menschlichen Spuren.

Interventionen auf die gedruckten Bildwelten sollen unseren Umgang mit den Gebieten thematisieren.

Ich habe daraus einen Bildband zusammengestellt, in dem der Betrachtende die vierte Natur visuell erkunden kann. Die Bildwelt – zu Beginn grün und scheinbar unberührt – wird mit der Zeit immer stärker vom Menschen geprägt. Das Buch ermöglicht einen frischen Blick auf die rohe und vielfältige Ästhetik der vierten Natur. Um die fortlaufende Planung zu thematisieren, die sich auf diesen Arealen abspielt, habe ich die Druckbögen mit Markierfarbe besprayt, wie sie auf Baustellen verwendet wird. Das Buch besteht aus zwei unterschiedlichen Papiersorten und ist abwechselnd matt oder glänzend gedruckt, was die Spannung zwischen Natur und Kultur auch haptisch hervorhebt.
 

Die 77 Bilder in Buchform geben einen neuen Blick auf diese Form der Natur.

Ich bin der Meinung, dass der urbane Raum zu oft funktional und anhand von Flächenbilanzen geplant wird und so nur die Menge und nicht die Art der Natur in der Stadt diskutiert wird. Mit meinem Bildband will ich eine ästhetische und eine politische Auseinandersetzung mit dem neuen Typus von Natur und der Planung auf diesen Gebieten in Gang bringen.

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