Besuchende des ‹Science + Fiction›-Festivals bei der Aufgabe ‹denk mal› des interaktiven Rundgangs. (Fotografie: Raphael Hünerfauth)

Kunst vermitteln übers Smartphone

Dominik Mendelin entwickelt mit dem Haus der elektronischen Künste in Basel eine App, die das Museumspublikum zur sinnlichen Auseinandersetzung mit den Kunstwerken anregen will.

«Ohne Führung hätte ich nichts verstanden», sagen mir oft Besuchende, die ich im Haus der elektronischen Künste (HeK) in Basel durch die Ausstellungen führe. Das Haus zeigt oft konzeptionell geprägte Kunst, die dem Publikum einiges abverlangt. Deshalb begann ich darüber nachzudenken, wie ich das Publikum unterstützen könnte. So startete ich meine Masterarbeit in Vermittlung von Kunst und Design an der HGK Basel.

 

Das HeK (Haus der elektronischen Künste Basel) im Dreispitz-Areal.

Das HeK bietet neben Führungen auch diverse Workshopformate für Schulklassen und Privatgruppen an.


Meine Arbeit geht der Frage nach, wie Smartphones ästhetische Erfahrungen bei der Betrachtung von Kunstwerken fördern können. Als Zwischenresultat kann ich folgende Potentiale nennen:

1.    Smartphones sind mobil und unterstützen eine örtlich und zeitlich unabhängige Auseinandersetzung.
2.    Smartphones sind multimedial und bieten diverse Anreiz- und Ausdrucksmöglichkeiten an.
3.    Smartphones ermöglichen den Austausch und den Aufbau eines Wissens- und Erfahrungsfundus.

Digitale Medien bringen für die Kunstvermittlung jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Das erfuhr ich selber beim Durchführen eines interaktiven Rundgangs durch die Kunstausstellung des ‹Science + Fiction›-Festivals: Einige Besuchende scrollten sich schnell durch die Inhalte und klebten förmlich an ihren Smartphones. Den Angeboten zur Auseinandersetzung mit den Kunstwerken schenkten sie wenig Beachtung.

 

Besuchende des ‹Science + Fiction›-Festivals beim Installieren des interaktiven Rundgangs auf dem Smartphone. (Fotografie: Raphael Hünerfauth)

Die Leute scheinen es gewohnt zu sein, vom Smartphone beschäftigt zu werden. Apps wie Facebook, Instagram oder Tinder sind so ausgerichtet, dass der User schnell einen Überblick über viele Inhalte gewinnt. Diese Art Nutzung prägt uns: Wir swipen, scrollen und tippen uns durch die riesigen Mengen an Informationen, landen bei tollpatschigen Welpen-Videos und verpassen dann schon mal, bei der richtigen Tramstation auszusteigen.

Um sich mit einem Kunstwerk auseinanderzusetzen, benötigen wir aber Zeit und Aufmerksamkeit. Für die Auseinandersetzung mit Kunst über das Smartphone ist das eine Herausforderung. Die Aufmerksamkeit der benutzenden Personen muss aktiviert werden, ohne dass der Fokus nur noch auf dem Gerät liegt. Kunstrezeption über das Smartphone muss das Publikum anregen, sich direkt mit dem Kunstwerk zu beschäftigen.

 

Besuchende des ‹Science + Fiction›-Festivals bei der Aufgabe ‹denk mal› des interaktiven Rundgangs. (Fotografie: Raphael Hünerfauth)

Die Smartphone-App, die ich zusammen mit dem HeK konzipiere, will den Besuchenden Angebote zur sinnlichen Auseinandersetzung mit den Kunstwerken machen. Sie erklärt Kunstwerke nicht einfach von aussen, sondern rückt die Assoziationen, Eindrücke, Gefühle und Fragen der Besuchenden ins Zentrum. Diese Erlebnisse kann das Publikum über das Smartphone austauschen und sich gegenseitig bei der Betrachtung des Kunstwerks helfen.

Smartphones können unsere Aufmerksamkeit auch auf das lenken, was um uns herum passiert und unsere sinnliche Wahrnehmung schärfen. Wir müssen aber anfangen, diese Erfahrungen zu gestalten.

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