Eine Kollaboration ohne Begegnung

Da sitzt du nun und schaust durchs Fenster. Die Welt hat sich verändert, die Strassen sind leer, die Läden geschlossen. Du überlegst dir zweimal, ob du hinausgehen sollst. Eine ominöse Krankheit schleicht durch unsere Gesellschaft und lässt sich nicht mehr aufhalten. Gleichzeitig protestieren Menschen auf der Strasse, Wälder brennen, Stadtteile explodieren, Kinder verhungern und das Klima spielt verrückt. Das Fenster, an dem du sitzt, gewährt dir Ruhe und Schutz. Es gibt dir die nötige Distanz, um alles auszuhalten. Auf der richtigen Seite des Fensters kann dir irgendwie alles egal sein. Du klickst und ein neues Fenster öffnet sich. Dein Profilbild lächelt dich an.

Im interdisziplinären Modul haben wir in Anlehnung an Christine Noll Brinckmanns Essay ‹Das Gesicht hinter der Scheibe› ein Video-Essay produziert. Ihr Text brachte uns jenen Fenstern näher, die unseren Alltag derzeit prägen: Die vielen Fenster, die auf unseren Bildschirmen aufploppen. Sie gestatten uns Zugang zur Aussenwelt und ermöglichen gleichzeitig eine Distanz zu ihr aufrecht zu erhalten.

Corona machte unsere Teamarbeit zu einer virtuellen Angelegenheit. Weil sich unser Kontakt auf das Zoom-Fenster beschränkte, beschlossen wir uns diesem zu widmen. Doch ungewohnte Bedingungen verlangen ungewohnte Formen der Kreativität. Mit ausgewählten Textstellen und vorbesprochenen Bewegungsabläufen arrangierten wir ein Skript und setzten es in eine durchgehende Bildschirmaufnahme um. Wir verzichteten bewusst auf nachträgliches Schneiden, um dem Video einen performativen Charakter zu geben. Uns gefällt der befremdliche und spontane Duktus. Gleichzeitig bedauern wir, dass unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit nur im Digitalen stattfinden konnte.