Über Zoom Pläne kommentieren Vorschläge auf dem Whiteboard einzeichnen.

Berichte aus dem Home-Office

Die Studentinnen und Studenten der Innenarchitektur an der Hochschule Luzern haben in einem Schreibseminar Berichte über den Lockdown verfasst. Wir bringen die besten Beiträge.

Welcher Tag ist heute eigentlich?

Text: Patricia Kaufmann*

Betrachten wir mal die vielen Vorteile, die das Home-Office mit sich bringt. Ich kann meinen Alltag (fast) komplett selbst bestimmen: wann ich aufstehe, wann ich Pause mache oder mit meinen Inline-Skates eine Runde drehe. Ich bin flexibler, aber auch irgendwie ineffizienter, wenn es darum geht, eine Aufgabe voll durchzuziehen und nicht ständig wieder an etwas anderem zu arbeiten. Struktur ist das A und O, habe ich gemerkt. Man muss sich die Zeit einteilen und seine Termine gut koordinieren. Vor allem weil das Telefon öfters klingelt. Die ersten paar Tage kühlten meine Ohren gar nicht mehr ab, weil es ständig irgendetwas zu besprechen gab. Im Home Office fällt auch die Reisezeit weg. Das sind mehr als zwei Stunden pro Tag, die mir für anderes zur Verfügung stehen. Beispielsweise für mehr Sport oder aufwändiger Mahlzeiten.

Doch wenn Home-Office jeden Tag die Realität ist, braucht es einen starken Willen, dies über längere Zeit durchzuhalten. So toll gewisse Dinge auch sind, freue ich mich darauf, wenn ich meine Arbeitskollegen wieder sehe und endlich über andere Dinge sprechen kann, als nur die Arbeit. Denn über diese lange Zeit merke ich, dass der soziale Austausch nicht mehr derselbe ist. Und in diesem Moment frage ich mich schon wieder: Welcher Tag ist heute eigentlich?

Home Office: Neben meinem Laptop steht das improvisierte Fotostudio und eine leere Kaffeetasse.

 

Modellbau in der Pandemie

Text: Ekaterina Chernova*

Im Modul ‹Entwurf und Konzept im Innenraum› müssen wir ein Arbeitsmodell im Massstab 1:100 und ein Präsentationsmodell im Massstab 1:33 abliefern. Die meisten meiner Kolleginnen konnten ihr 1:100 Modell noch kurz vor der Schliessung der Werkstätte bauen. Doch für viele war das 1:33er-Modell eine Herausforderung. Das Ziel dieses Modells ist nämlich, ein Materialkonzept vorzustellen und zu veranschaulichen. Mit dem Corona-Notstand fehlte den Studierenden nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch die nötigen Materialien und Werkzeuge. Alle Detailhändler waren geschlossen. Farben, Stoffe und Karton mussten wir beim Online-Händler bestellen. Weil die Post überlastet war, wussten wir nie genau, wann das Paket ankommt. So liessen viele Studierende ihrer Fantasie freien Lauf: Sie verwendeten Schuhkartons oder Bierkisten für ihre Modelle, alles, was zu Hause von Nutzen sein könnte. Andere bauten ihre Projekte in ihrem Zeichnungsprogramm dreidimensional auf, skizzierten von Hand oder kombinierten verschiedene Techniken. Lara Fürst zum Beispiel verlässt sich auf ihre Fähigkeiten und scannt ihre Handskizzen ein. In Photoshop gibt sie den Baustoffen Materialisierung und Struktur. Gül Erek präsentiert ihre Visualisierungen als 3D-Grafiken. Dafür hat sie an Webseminaren des Programmanbieters ArchiCAD teilgenommen, um die nötigen Kenntnisse zu erwerben. Ihr könnt euch also auf viele unterschiedliche Darstellungen freuen, wenn die Studierenden der Innenarchitektur ihre Schlussabgaben präsentieren werden.

Mit dem Corona-Notstand fehlte den Studierenden nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch die nötigen Materialien und Werkzeuge.

 

Digitale Lösungen

Text: Prisca Lerch*

Nur der Lärm meiner Familienmitglieder erinnert mich an die lauten Diskussionen mit den Mitstudierenden im Atelier. Neben meinem Laptop steht das improvisierte Fotostudio und eine leere Kaffeetasse. Ein kleines Pop-up-Fenster auf dem Bildschirm ruft mich zur nächsten Besprechung. Ich speichere meine Pläne, streiche mir kurz durchs Haar und öffne den Zoom-Link. Anstelle von realen Menschen sehe ich auf dem Bildschirm kleine Kästchen mit den Köpfen meiner Kolleginnen. Wir besprechen den aktuellen Stand des Projekts und verteilen die nächsten Aufgaben. Das Modell ersetzen wir durch Visualisierungen in CAD und Photoshop. Wir kommentieren die Pläne und zeichnen unsere Vorschläge auf das im Programm integrierte Whiteboard. Die Zeichnungen erinnern mich an meine Kindergartenzeit.

Es ist erstaunlich, wie problemlos der Studienalltag mit digitalen Lösungen weitergeführt werden kann. Trotzdem verschwinden wichtige Aspekte des Studiums: Das gemeinsame Jammern beim Modellbauen oder der Austausch beim Kaffee am Morgen können nicht ersetzt werden. Erst jetzt wird mir bewusst, wie wichtig das Atelier und der damit verbundene Austausch mit meinen Kollegen für mein Gemüt und meinen Lernerfolg ist.

Über Zoom Pläne kommentieren Vorschläge auf dem Whiteboard einzeichnen.

 

Gefühl der Gemeinschaft

Text: Jessica Keller*

Ich wohne in einer Wohngemeinschaft mit zwei Anderen, die ebenfalls zu Hause bleiben müssen. Die Arbeitsplätze aufzuteilen ist eine ziemliche Herausforderung. Da muss der Esstisch auch mal als Büro für zwei dienen. Der Katzenbaum dient – zum Leidwesen unseres Hauskaters – als Druckermöbel. Erholung und Arbeit verschmelzen zu einer Einheit. Der Laptop steht rund um die Uhr bereit, arbeiten kann man also immer. Hier hilft nur ein gut organisierter Tagesplan, um dem Studium und dem Privatleben gerecht zu werden und dabei auch noch gesund zu bleiben.

In dieser Phase der Isolation entwickeln sich auch neue Formen des Lernens und der Zusammenarbeit. Mit ‹Zoom› können wir auf Distanz miteinander kommunizieren und lernen. Per Bildschirmfreigabe kann im CAD auf Fragen präzise eingegangen werden. Die Besprechungen sind trotz der Distanz persönlich, weil man die Menschen in ihrer privaten Umgebung trifft. Da die Situation jeden von uns betrifft, wird das ohnehin starke Gefühl der Gemeinschaft als Studierende noch intensiviert. Der gesamte Schulapparat musste sich innert Kürze wandeln und neu justieren, und dies gelang erstaunlich gut.

Struktur ist im Home Office das A und O.

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