Das ‹Berührungs-Profil› macht unsichtbare Gesichts-Berührungen sichtbar.

Wie oft berührst du dein Gesicht?

Die Grafikdesign-Studentinnen Anna Kleger und Céline Schmid haben ihre Gesichtsberührungen analysiert und mithilfe von Codes visualisiert. In ihrem Campus-Beitrag erklären sie den Prozess.

Bis zu 800-mal am Tag berühren wir unser Gesicht. Oftmals ohne direkt ersichtlichen Grund wie Jucken oder Abstützen. Eine unscheinbare Berührung kann jedoch viel auslösen. Die unbewussten Berührungen beeinflussen nämlich unsere Hirnaktivität. Bei Stress nehmen diese Berührungen stark zu, weil wir damit Umgebungsreize verarbeiten. Gesichtsberührungen werden also durch unsere Umgebung beeinflusst.

Im Rahmen des Moduls ‹Data Self Portrait – The Quantified Self› der HSLU setzten wir uns intensiv mit ‹Creative Coding› auseinander, mit dem Ziel, unsere unbewussten Berührungen sichtbar zu machen. Um uns dem Thema anzunähern, arbeiteten wir mit diversen Probedaten. Schnell wurde deutlich, dass sich nicht alle Berührungen gleich gut erfassen lassen. Beispielsweise variierte unsere haptischen Wahrnehmung von Oberflächen. Wir verglichen unserer Ergebnisse und versuchten daraus Verhaltensmuster abzuleiten. Dazu reduzierten wir das Thema auf folgende Leitfrage: Welche Stellen im Gesicht werden mit welchen Teilen der Hand berührt?


Individuelle Koordinatensysteme mit 196 Feldern.

Berührungsregionen der linken Hand.

 
Um unsere individuellen Berührungsportraits erstellen zu können, mussten wir erst die entsprechenden Daten sammeln und unsere Gesichtsberührungen tracken. Wir merkten schnell: Sobald man gezielt auf Berührungen achtet, laufen diese nicht mehr natürlich, spontan oder gar unbewusst ab. Um möglichst unvoreingenommen zu tracken und die Ergebnisse nicht zu verfälschen, arbeiteten wir mit Videoaufnahmen. So konnten wir unserer eigentlichen Tätigkeit nachgehen, ohne diese durch das Tracking zu unterbrechen. Die entstandenen Videosequenzen werteten wir zu einem späteren Zeitpunkt aus.

Zur Datenerfassung entwickelten wir eigene Tracking-Systeme, um unsere Videos einheitlich auszuwerten und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Wir beschränkten uns auf zwei Komponenten der Datenerfassung: die ‹berührte› und die ‹berührende› Stelle. Die im Gesicht berührte Stelle erfassten wir mithilfe eines Koordinatensystems. Die das Gesicht berührende Handregion trackten wir, indem wir die linke und rechte Hand in verschiedene Regionen unterteilten. Da der Fokus auf den Berührungen im Gesicht lag, arbeiteten wir mit gröberen Abstufungen bei den Händen.


Auszug aus unserer Datensammlung.

Nahaufnahmen der Hand mit dessen unterschiedlichen Strukturen und Beispielmuster der ‹berührenden› Stelle. Das «Berühren» geht Hand in Hand mit dem Aspekt des ‹Fühlens›. Diese haptische Erfahrung visualisierten wir durch feine Linienmuster, die an die Str

Um die unterschiedlichen Bereiche visuell differenzieren zu können, verwendeten wir unterschiedliche Formen und Farben. Den Abschnitten der Handregionen schrieben wir individuelle Muster zu, die an die feinen Strukturen der Haut anlehnen. Je nach Feinfühligkeit und Fläche der berührenden Stelle benutzten wir ein unterschiedliches Linienraster. Zur Unterscheidung von linker und rechter Hand verläuft das Raster in die jeweils andere Richtung.

Im letzten Schritt ging es darum, unsere analog gesammelten Daten digital auszuwerten und zu visualisieren. Dazu bauten wir unser Gesichts-Koordinatensystem in Javascript nach. Jeder Koordinatenpunkt entspricht einem Punkt auf dem digitalen Canvas. Für jeden im Gesicht berührten Punkt werden anschliessend die zugehörigen Daten abgefragt und im digitalen Koordinatensystem eingefügt. Die Region auf der Hand beeinflusst somit die Farbe und das Muster. Für die linke Hand verläuft das Raster von rechts unten nach links oben, für die rechte Hand wird das Muster gespiegelt. In der Visualisierung werden unsere Gesichter erst durch die unsichtbaren Gesichtsberührungen sichtbar. So zeigen die Daten-Selbstporträts unsere individuellen Verhaltensmuster auf.


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Unterschiedliche Visualisierungen mithilfe derselben Daten.

Entstanden sind individuelle Berührungsprofile, die der Thematik des Berührens und Fühlens auf eine abstrahierte Art und Weise folgen. Wir lernten, Daten einzulesen, Datenpunkte abzufragen und diese mehrere Bedingungen durchlaufen zu lassen. Bei der Auswertung unserer Trackings sind uns noch Unregelmässigkeiten aufgefallen: Da wir unser Koordinatensystem zweidimensional angelegt haben, unsere Gesichtsberührungen aber im dreidimensionalen Raum stattfanden, kam es zu Verzerrungen in der Übertragung. Eine weitere Ungenauigkeit gab es beim Erfassen von Gesichtsberührungen mit mehreren Handregionen. Bei einer Berührung werden alle verwendeten Handbereiche auf allen berührten Gesichtsfeldern angezeigt. Dies entspricht nicht der Realität, da nicht alle Handregionen dieses eine Feld wirklich berührten.

Unsere Daten-Selbstporträts präsentieren wir auf einer Website. Im Vordergrund stehen die Visualisierung und der Vergleich unserer Ergebnisse. Daneben haben wir auch viel Zeit in die Entwicklung unserer Trackingsysteme gesteckt. Daher wollten wir auf der Website auch einen Einblick in unseren Ideenfindungs- und Gestaltungsprozess geben.

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