Das Fassadenmodell im Fotostudio der ArchitekturWerkstatt

Photogrammetrie: Vom Analogen ins Digitale

Mit Punktwolken-Scans kann architektonischer Bestand in ein digitales Modell übertragen werden. ArchitekturWerkstatt-Studentin Marie Sakkal erzählt im Campus, wie Photogrammetrie funktioniert.

Im Laufe meines Studiums an der ArchitekturWerkstatt St.Gallen habe ich unzählige Arten kennengelernt, wie man ein architektonisches Projekt darstellen kann. Viele Male habe ich den Prozess von der ersten Handskizze zum digitalen Plan und anschliessend zum physischen Modell erlebt. Mithilfe einer Photogrammetrie kann man diesen Prozess umkehren: vom physischen Objekt oder Raum zum digitalen 3D-Modell. Dabei wird das aufzunehmende Objekt von allen Seiten fotografiert und die Bilder anschliessend digital zu einem 3-D-Objekt zusammengesetzt. Millionen von Messpunkten erkennen Farbe und Abstand des aufgenommenen Objekts, bilden eine Punktwolke und geben den Bestand anschliessend digital wieder.

Im Modul ‹Wahrnehmen und Darstellen› im fünften Semester bekamen wir den Auftrag, ein physisches Modell einer Gebäudefassade zu bauen und  anschliessend per Photogrammetrie zu digitalisieren. Ein Semester zuvor hatten wir anhand des Punktwolke-Systems bereits eine Bestandesaufnahme traditioneller Bauernhäuser im Toggenburg vorgenommen – diese allerdings mit einem professionellen Laserscanners. Der Photogrammetrie-Prozess im fünften Semester wurde stattdessen mit den Kameras unserer Smartphones durchgeführt.

Als erstes erstellten wir aus Karton das physische Modell einer Gebäudefassade. Mein Gruppenpartner und ich liessen uns von einem Londoner Ziegelbau inspirieren. Wichtig war vor allem der Detaillierungsgrad des Modells: Sehr feine Details wie Balkongeländer oder Fenstersprossen würden auf dem digitalen Übertrag nur schwierig erkennbar sein und unsaubere Stellen verursachen. Farbiges Papier wird dafür jedoch sehr gut erkannt, sodass wir eine gedruckte Ziegeltextur für unser Fassadenmodell verwendeten.


Finale Filmsequenz des digitalen Fassadenmodells (Marie Sakkal, Caspar Dominik)

Im Fotostudio der ArchitekturWerkstatt folgte der zweite Schritt: wir fotografierten das physische Modells. Für ein gutes Ergebnis sollten sich möglichst keine Schatten oder unterschiedlichen Lichtverhältnisse auf dem Modell befinden. Eine gleichmässige Belichtung von allen Seiten ist deshalb ausschlaggebend. Für eine lückenlose Photogrammetrie müssen genügend Fotos aufgenommen werden – wie viele das sind, variiert je nach Grösse des aufgenommenen Objekts. Unser Fassadenmodell mit einer Grösse von etwa 30 auf 40 Zentimeter  fotografierten wir ungefähr dreihundert Mal aus so vielen verschiedenen Winkeln wie möglich. Hat man kein Fotostudio mit neutralem Hintergrund zur Hand, kann man die Fotos auch in einem gut belichteten Raum aufnehmen. Wie gut die Freistellung im Nachhinein funktioniert, ist unterschiedlich. Hier muss ausprobiert werden!

Dann begann die eigentliche Photogrammetrie: das Zusammenfügen der Fotos. Dazu importierten wir die Fotografien in die Software ‹Metashape›. Mit ein paar Klicks fügte das Programm die Fotos beinahe von allein zu einer Punktwolke zusammen. Wie bereits erwähnt, trägt jeder Messpunkt Informationen zum Ort und zur Farbe der jeweiligen Stelle auf dem Modell. Zusammengesetzt bilden die vielen einzelnen Punkte das komplette Punktegerüst, die Punktwolke als Abbild des analogen Modells. Wir bereinigten am Bildschirmnoch ein paar unsaubere Stellen im digitalen Modell und importierten es anschliessend in die 3-D-Software ‹Blender›.

Als letzten Schritt präsentierten wir das 3-D-Modell mit einer kurzen Animation. In ‹Blender› fügten wir eine Lichtstimmung, eine Umgebung und die Bewegung der Animation ein. Das fertige Video lässt kaum erkennen, dass es sich beim 3-D-Modell eigentlich um ein ursprünglich Kartonmodell handelt.


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