Mapping: Vielfältiger Alltag, vielfältige Wege

Neue Wege im Alter

Studierende der Departemente Architektur und Gesundheit an der Berner Fachhochschule haben zusammen Alterswohnungen entworfen, die nicht nur funktional, sondern auch sozial und emotional vitalisierend wirken.

Burgdorf, im September 2024. Eine junge Frau, begleitet von einem Mitstudierenden, kommt uns entgegen. Sie trägt einen Ohrenschutz. Hat sie ihn nach dem Werkstattbesuch einfach vergessen abzunehmen? Nein, denn der Ohrenschutz ist Teil einer Sensibilisierungsaktion des Departements Gesundheit für uns Architekturstudierende. Die Botschaft dahinter: Nur weil wir ein Problem nicht direkt wahrnehmen, heisst das nicht, dass es nicht existiert.

Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Älterwerden – einerseits mit spielerischen Übungen, andererseits mit harten Fakten. Wir stellen uns Fragen wie: Was bedeutet es eigentlich, alt zu sein? Ab wann ist ein Mensch alt? Und vor allem: Wie kann Architektur dazu beitragen, dass Menschen in verschiedenen Lebensphasen gut wohnen und sich wohlfühlen?


Eine Wohnbiografie, nachgezeichnet von Marcelle Lehmann.

Einige Wochen später erzählen uns sogenannte ‹Citizen Scientists› von ihren Lebenswegen. Dabei geht es weniger um Karrierewechsel, sondern vielmehr um ihre Wohnbiografien. Schnell wird klar: Jede Geschichte ist anders. Manche haben in ihrem Leben nur dreimal umziehen müssen, andere siebzehnmal. Die aktuelle Wohnsituation ist ebenso individuell. Uns wird bewusst, dass es nicht die eine Lösung für das Wohnen im Alter gibt, sondern viele verschiedene Möglichkeiten. Diese Vielfalt nehmen wir als Grundlage für unseren Entwurf.


Abwechslungsreiche Wegführungen statt steriler Flure

Die Inputs der ‹Citizen Scientists› beeinflussen unser Projekt stark. Wir wollen eine Architektur entwerfen, die Bewegung fördert und Begegnung erleichtert. Statt langer, steriler Flure setzen wir auf abwechslungsreiche Wegführungen. Shortcut-Treppen motivieren dazu, den Lift links liegen zu lassen, und im dritten Obergeschoss gibt es bewusst gestaltete Treffpunkte: eine Gemeinschaftsterrasse und ein Waschsalon, der nicht nur funktional ist, sondern auch als sozialer Ort dient. Eine zentrale Erkenntnis unserer Arbeit ist, das unabhängig vom Alter neue Wege zu zwischenmenschlichen Synergien führen, die Körper, Seele und Geist vitalisieren.


Der Waschsalon im dritten Obergeschoss sorgt für Bewegung und Austausch.

Mapping: Vielfältiger Alltag, vielfältige Wege


Ein weiteres wichtiges Thema ist das intergenerationelle Wohnen. Die verschiedenen Wohnungsgrössen sorgen dafür, dass sich unterschiedliche Lebensmodelle unter einem Dach vereinen können. Gleichzeitig ist das Erdgeschoss offen und flexibel nutzbar – ein Raum, der zur Partizipation anregen soll. Vielleicht ein Reparatur-Café? Durch die Auseinandersetzung mit dem Älterwerden haben wir gelernt, dass Architektur mehr ist als das Entwerfen von schönen Räumen. Sie kann aktiv dazu beitragen, dass Menschen sich in ihrem Wohnumfeld wohl und eingebunden fühlen. Unsere Entwürfe, die diesem Bericht beiliegen, zeigen, wie wir diese Erkenntnisse räumlich umgesetzt haben.


Bewegungsablauf in einer Wohnung


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