Das Computerspiel ‹Psychotic Bathtub› will zeigen, wie es sich anfühlt, psychotisch zu sein.

Mit dunklen Themen humorvoll umgehen

Wie entwirft man ein Computerspiel, das psychotische Störungen thematisiert und nicht nur amüsieren möchte? Game Design-Studentin Natasha Sebben stellt im Campus ihr Bachelorprojekt ‹Psychotic Bathtub› vor.

Wie funktioniert dein Game?
Natasha Sebben: ‹Psychotic Bathtub› ist ein fiktionalisiertes Erzählspiel auf engstem Raum, das sich mit einer psychotischen Störung befasst. Die Spielenden setzen sich in eine Badewanne und werden gefragt, ob sie die Augen aufmachen wollen. Wer sich dem Spiel stellen will, kann mit der Umwelt interagieren. Jede dieser Interaktionen droht zu eskalieren: Die  Spielerin kann sich zum Beispiel mit der Badeente streiten, die ihren Vater darstellt. Oder sie trinkt Wein, der aber  zu Gift wird. Sie lässt Wasser einfliessen, doch das Bad überflutet. Mit diesen Entscheiden bewegen sich die Spielenden multilinear auf verschiedene Enden zu.

Wer gewinnt am Schluss?
Die Spielerin kann nicht gewinnen oder verlieren, aber sie kann sehr selbstzerstörerisch vorgehen. Das Spiel will aufzeigen, wie es sich anfühlt psychotisch zu sein. Mein Ziel ist es, einerseits zu zeigen, dass jeder Mensch Tendenzen von psychischen Krankheiten in sich trägt und andererseits der Spielerin vor Augen zu führen, dass die Spielfigur mehr ist als ihre Krankheit.


Die Spielerin bleibt immer im ‹Blackspace›, der Fokus liegt auf der Badewanne in der Leere.

Wie hast du den psychologischen Aspekt der Krankheit ins Spiel integriert?
Ich arbeite mit Sinnbildern wie zum Beispiel einer brennenden Lunge. Psychose spürt man stark körperlich, es ist einem sehr heiss oder kalt. Je nach psychotischem Level werden die Strukturen im Spiel unruhiger. Wenn der Screen dauernd flackert, löst das bei der Spielerin  Beklemmung aus.

Wie hast du die akustischen und graphischen Elemente gestaltet, um die Stimmung aufzubauen?
Ich habe mit zwei Musiker:innen versucht,  die Psychose zu vertonen. Je nach Spielverlauf ändert sich die Musik. Die Grafik ist reduziert, ich verwende nur die vier Grundfarben. Das lässt ein starkes Bild entstehen und erleichtert die Zugänglichkeit. Die Spielerin bleibt immer im ‹Blackspace›, der Fokus liegt auf der Badewanne in der Leere. Sie sieht immer nur den Gegenstand, der für die Spielfigur im Fokus steht, so wird der Blick gelenkt.

Willst du das Spiel in Zukunft therapeutisch nutzen?
Nein, definitiv nicht. Das Spiel will etwas vermitteln, aber vor allem auch unterhalten.

Dieser Spagat hört sich schwierig an.
Die Spannungskurve zwischen Humor und Ernst ist in der Tat kompliziert. Ich wollte einerseits den Respekt vor den Betroffenen wahren, aber gleichzeitig auch das Thema unterhaltsam gestalten. Wir haben deshalb viel mit Betroffenen gesprochen und nachgefragt, ob sie sich repräsentiert fühlen.

An wen richtet sich das Spiel?
Es richtet sich an alle, die mit dunklen Themen humorvoll umgehen können. Das Spiel hat aber eine Trigger-Warnung und ich nehme das sehr ernst. Es ist nicht für Spielende unter 18 Jahren geeignet und auch nicht für Personen, die sensibel auf solche Inhalte reagieren.


Wer sich dem Spiel stellen will, kann mit der Umwelt interagieren. Jede dieser Interaktionen droht zu eskalieren.

Wo siehst du noch Schwächen?
Für die Vermarktung ist es sicher schwierig zu erklären, wie vielschichtig das Game ist, obwohl es räumlich sehr begrenzt ist. Entsprechend würde ich in der Kommunikation dort den Fokus legen. Denn ich will zeigen, dass eine kleine Welt reicht, um Tiefe in eine Erzählung zu bringen und bedeutungsvolle Interaktionen zu bieten.

Du konntest ‹Psychotic Bathtub› bereits an internationalen Messen zeigen. Wie kam das?
Ich habe mich mit meiner Bachelorarbeit für einen Call beworben, der von Swissgames und Pro Helvetia unterstützt wurde. Zwei Musiker:innen und ein Programmierer arbeiten mittlerweile ebenfalls an ‹Psychotic Bathtub› mit und so wurden wir ausgewählt und konnten nach San Francisco an die ‹Game Developers Conference› (GDC). Wir haben vom internationalen Publikum viel Feedback erhalten und konnten an der Konferenz auch mit potenziellen Investoren sprechen.

Was sind deine weiteren Pläne?
Mein Wunschtraum wäre, dass mein Spiel, eine Marke für ‹Mental Health Awareness› wird. Wir haben auch Kapuzenpullis produziert und die laufen erstaunlich gut. Ab Sommer verkaufen wir Pullover, T-Shirts, Crop Tops – und im Herbst Socken.

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