Fachwerk für den Holzkreislauf
Eine Forschungsarbeit der Universität Liechtenstein untersucht Holztragwerke, welche die klimatisch bedingten Veränderungen des Waldes berücksichtigen. Livia Herle berichtet für den Hochparterre Campus.
Das satte Dunkelgrün eines Nadelwaldes wirkt alltäglich und unumstösslich. Tatsächlich aber hinterlässt der Klimawandel auch beim Wald seine Spuren, in einer Geschwindigkeit, die für dieses langsame Ökosystem nur schwer zu fassen ist. Wie also wird der Wald der Zukunft aussehen und wie kann man ihn weiterhin nachhaltig nutzen? Eine Forschungsarbeit an der Universität Liechtenstein beschäftigt sich mit Holztragwerken, welche die klimatisch bedingten Veränderungen des Waldes berücksichtigen und eine kreislaufgerechte Nutzung möglich machen.
Durch den fortschreitenden Klimawandel muss sich auch die Waldbewirtschaftung verändern. Die Perspektiven zeigen für den Liechtensteiner Wald einen Rückgang der Fichte, dem heutigen Brotbaum des Holzbaus, und eine Tendenz hin zu einem Mischwald, mit einem höheren Laubholzanteil. Heute werden 68 Prozent des Holzes aus Liechtensteiner Wäldern als Energiequelle eingesetzt. Neben dem Wunsch, Holz als nachhaltigen Rohstoff vielfältiger einzusetzen, verursacht diese direkte Nutzung als Energieholz ein Ungleichgewicht des CO2-Kreislaufes. Die Wälder speichern Kohlenstoff bis dieser im Prozess des Zerfalls eines Baumes wieder freigesetzt wird. Das so emittierte CO2 wird wiederum von der nächsten Baumgeneration gespeichert. Wenn also Holz geerntet wird, sollte es mindestens für die Lebensdauer einer Baumgeneration genutzt werden. Das aber ist bei der direkten Nutzung als Energiequelle nicht gewährleistet. Gleichzeitig soll die Verwendung von Holz als Energiequelle nicht eingeschränkt werden, da es fossile Brennstoffe ersetzen kann. Das Ziel ist also, die Lebensdauer des geernteten Holzes so weit zu verlängern, dass es kohlenstoffneutral wird. Dieser Prozess bezeichnen wir als kaskadische Holznutzung.
In einer Forschungsarbeit an der ‹Liechtenstein School of Architecture› analysierten wir Tragwerke aus Holz, die das Potenzial des lokalen Laubholzes in einer kaskadischen Nutzung verankern können. Wir fokussierten uns dabei auf Systeme aus kurzem und krummen Laubholz, das momentan laut dem Amt für Statistik zu über 90 Prozent als Energiequelle genutzt wird. Nach einem systematischen Vergleich mehrerer Holztragwerke liegt unser Fokus nun auf dem Fachwerk, einem regional verankerten System, das durch seine Einfachheit und Demontierbarkeit zur kaskadischen Nutzung passt. Im aktuellen Holzbau kaum mehr verwendet, birgt dieses Bauprinzip ein Potenzial für eine Verarbeitung von minderwertigem Laubholz. Es bietet eine Vielfalt an Möglichkeiten, Holz in unterschiedlichen Längen, Dimensionierungen und Qualitäten zu einem funktionierenden Tragwerk zusammenzusetzen. Die einfachen Verbindungsstellen können für den zeitgenössischen Holzbau optimiert werden, was wiederum dem Fachwerk neue Optionen bietet. Zudem kann das System mit natürlichen Dämmstoffen wie Strohlehm oder Hanf kombiniert werden.
Die zukünftigen Farben des Walds sind breit gefächert, von Limettengrün über Olivfarben bis hin zu Moosgrün: ein Mischwald. Ebenso wird der Rohstoff Holz in Zukunft auf neuen Wegen verarbeitet. Das Fachwerk ist eine von vielen Möglichkeiten, das Potential von Laubholz zu stärken und den Wald als nachhaltige Ressource zu nutzen.
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* Livia Herle ist wissenschaftliche Assistentin und Doktorandin in der Fachgruppe ‹Craft› am Institut für Architektur und Raumentwicklung der Universität Liechtenstein.