‹Design Thinking› in Singapur
Lino Schmidt studiert in Luzern Innenarchitektur und hat ein Auslandsemester in Singapur gemacht. Im Campus-Beitrag berichtet er von seinen Erfahrungen.
Letztes Semester habe ich die Möglichkeit ergriffen und ein Auslandsemester am Lasalle College in Singapur absolviert. Der Inselstaat südlich von Malaysia ist die architektonische Hochburg in Asien. Meine Reise beginnt am 29. Juli 2022 am Flughafen Zürich. Meine Freundin und meine Eltern begleiten mich. Das Ungewisse, was zuvor noch Vorfreude in mir geweckt hat, verwandelt sich allmählich in Nervosität. Die Vorstellung, allein in einer fremden Stadt zu leben, hat mich schon immer gereizt. Weit weg von allem. Der Abschied ist trotzdem schwerer als gedacht. Ein allerletzter Drücker, ein allerletzter Kuss und ich gehe durch die Abschrankung Richtung Gate – «Tschüss Schwiiz»!
Mehr als 15 Stunden später in Singapur: Es ist bereits dunkel, als der Security-Typ von der Studentenunterkunft mir mein Zimmer öffnet. Eine LED-Röhre erhellt den schmalen Raum mit sterilem Licht. Das ist also mein Zuhause für die nächsten vier Monate. Zwei Kajütenbetten, vier Pulte, vier Schränke – das etwa 18 Quadratmeter grosse Zimmer wäre eigentlich ein Viererzimmer, doch ich teile den Raum nur mit einer weiteren Person. Ich räume mein Hab und Gut in den mir zugewiesenen Schrank ein und stelle die Koffer in eine Ecke. Es geht nicht lange, da klopft es an der Tür. Fajar studiert hier Animation seit April, erzählt er mir. Und dass er eigentlich aus Indonesien kommt.
Die ersten zwei Wochen habe ich noch keine Schule. Die unterrichtsfreie Zeit nutze ich aus, um Singapur besser kennenzulernen. Es gibt viel zu sehen und ich komme durch Zufall in einen Whatsapp-Gruppenchat mit etwa 500 anderen Austauschstudenten. Ich lerne Leute aus der ganzen Welt kennen – was für ein Privileg.
Die nächsten vierzehn Wochen sind intensiv und nicht immer einfach. Zum Glück finde ich guten Anschluss in meiner Klasse. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Im Modul ‹Design Studio› bekommen wir die Aufgabe, ein für Singapur typisches, altes Shophouse in eine Werkstätte für ein traditionelles Handwerk umzubauen. Nach einer detaillierten Recherche zum Gebäude und Ort finde ich ein passendes Konzept. Ich lerne neue ‹Design Thinking›-Strategien kennen und erstelle unzählige Konzept- und Arbeitsmodelle.

Natürlich will ich auch den geografischen Vorteil von Singapur ausnutzen. Wann ergibt sich schon die Möglichkeit, mal kurz ein verlängertes Wochenende auf einer malaysischen Insel zu verbringen? Drei andere Austauschstudenten und ich erreichen Tioman Island nach einer fünfstündigen Bus- und Schifffahrt. Die wohlverdiente Auszeit verbringen wir vor allem mit Schnorcheln und Kartenspielen.

Mein Körper hat sich nach fast vier Monaten an das tropische Klima gewöhnt. Die meisten Tage verbringe ich im kühlen Atelier an der Schule. Das tägliche Highlight sind das Mittag- und Abendessen in einem der vielen guten Restaurants rund um die Schule oder bei einem ‹Hawkercenter›, einem der typischen singapurischen Essstände. Genügend Energie ist auch nötig, denn um das ‹Final Model› fristgerecht fertigzustellen, verbringe ich mehr als nur eine Nachtschicht im Studio. Trotz wenig Schlaf und Nervosität gelingt die Abschlusspräsentation. Nun kann ich mich auf die bevorstehende Reise durch Südostasien so richtig freuen.
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* Lino Schmidt studiert im 8. Semester Innenarchitektur an der Hochschule Luzern Technik & Architektur.