Die nasire-Taschen werden in einem Vorort von Marrakesch gefertigt. Fotos: nasire

Zürcher Design in der Medina

Das junge Zürcher Taschenlabel nasire eröffnet seinen ersten eigenen Laden – in Marrakesch. Weshalb das viele mutig finden und wie ungenau das Wörtchen «genau» sein kann: nasire-Art-Director und ZHdK-Student Lukas Helfer erzählt.




Isabelle Vloemans: Seit dem erfolgreichen Abschluss eurer Crowdfunding-Kampagne Ende Oktober ist klar: Ihr könnt das Ladenlokal in Marrakesch wie geplant umbauen und eröffnen ...
Lukas Helfer: (unterbricht) Eröffnen ja, aber nicht wie geplant. Wir mussten die Eröffnung schon zweimal verschieben. In Marokko haben terminliche Abmachungen eine andere Verbindlichkeit als in der Schweiz. Wir freuen uns aber mega darüber, dass wir unser Crowdfundingziel erreicht haben und arbeiten jetzt auf allen Ebenen daran, dass wir im Januar 2018 eröffnen können.

Euer Finanzierungsziel von 27'000.– Franken habt ihr mit mehr als 30'000.– Franken zum Schluss sogar übertroffen – euer Erfolgsrezept?
Wir vom Team haben unterschiedliche Hintergründe und damit auch unterschiedliche Netzwerke, die wir anzapfen konnten: Lisa, die die Taschen entwirft, und ich sind Designer, Matteo ist BWL-er und Michael Bio-Ingenieur. Das hat geholfen.

Wie ist die Idee, einen Laden in Marrakesch zu eröffnen, entstanden?
Matteo und Michael hatten die Idee zu nasire ja auf einer Marokkoreise. Weil wir in Marrakesch produzieren, hat Matteo immer wieder längere Zeit vor Ort verbracht und dort auch Freundschaften geknüpft. Einer dieser Freunde ist Usama, der zu einer Gruppe junger Marokkaner gehört, die recht unternehmerisch unterwegs sind. Diese Bekannten haben ein Haus am Place Des Epices und es war ihr Vorschlag, dass wir auf einem Stockwerk einen Laden eröffnen.

Ist der Laden in erster Linie eine Herzensangelegenheit oder soll er auch wirtschaftlich funktionieren?
Beides. Für uns ist es sicher mehr als nur ein Laden; das Lokal soll auch eine Plattform sein, auf der zwei Kulturen zusammenkommen. Aber wir haben natürlich auch die wirtschaftliche Seite im Blick. Wir hören oft, der Laden sei ein mutiger Schritt. Leute, die schon einmal in Marrakesch waren und die verwinkelten Gassen mit ihren traditionellen Handwerksläden im Kopf haben, können sich fast nicht vorstellen, dass wir da mitten drin einen Laden mit unseren Taschen eröffnen wollen.

Wer soll in eurem Laden in Marrakesch einkaufen?
Marokko erlebt zurzeit einen touristischen Aufschwung, Marrakesch ist ein enorm beliebtes Reiseziel. Unsere Taschen sind für Menschen gemacht, die viel unterwegs sind und einen gewissen Anspruch an Langlebigkeit und Zeitlosigkeit haben.

Für die meisten Marokkanerinnen und Marokkaner sind die Taschen unerschwinglich.
Das stimmt. Uns ist es wichtig, unseren Beitrag zu leisten, indem wir faire Löhne zahlen.

Welche Erfahrungen macht ihr damit, in Marokko zu produzieren?
Wir lassen in einem Familienbetrieb produzieren, der insgesamt 30 Personen beschäftigt. Davon arbeiten drei Personen nur für nasire. Anfänglich gab es mit unserem Produktionspartner immer wieder Auseinandersetzungen darüber, was «genau» bedeutet. Wann genau ist eine Naht genau? Es ist ein gemeinsamer Prozess. Auch mit unserem Gerber gibt es immer wieder Diskussionen. Wir wollen z.B. nicht, dass er Chrom benutzt, um das Leder haltbar zu machen. Auf Nachfrage hat er 1000 Mal verneint, dass er Chrom benutzt. Beim 1001. Mal Nachfragen hat er gemeint vielleicht «un petit peu». Wir können also nicht 100 Prozent sicher sein, auch wenn wir Wert darauf legen.

Wo verkauft ihr eure Taschen momentan?
Es sind 21 Läden weltweit, von Zofingen bis New York.

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