Protagonistin Ruth zu Hause mit ihrer Tochter.

Wenn wir alt werden

In ihrer Diplomarbeit zeigen zwei Design-Studentinnen, wie Familien die Betreuung ihrer pflegebedürftigen Verwandten organisieren und regen die Diskussion über ein komplexes gesellschaftliches Thema an.

Wie seid ihr auf die Idee für euer Diplomprojekt gekommen?
Charlotte Linsener und Erika Jorquera*: Bei Gesprächen in unserem Umfeld merkten wir, wie relevant die Themen Alter und Pflege sind. Die Angehörigen von pflegebedürftigen Menschen stehen vor der Frage, ob und wie lange sie die Pflege leisten können, und wann sie ausgelagert wird. Das ist für die Familien oft sehr emotional. Die betagten Menschen wollen niemandem zur Last fallen. Die Angehörigen fragen sich, ob sie genug leisten und haben nicht selten ein schlechtes Gewissen. Die Meinungen, wieviel Verantwortung die Familie in der Betreuung übernehmen sollte, gehen auseinander. Das Thema bietet viel Zündstoff und wird in der Öffentlichkeit gerne ausgeklammert. Dabei geht es uns früher oder später doch alle an.


Trailer ‹Familienbande›

Was funktioniert euer Konzept und welches Ziel verfolgt ihr?
Wir wollen einen offenen Diskurs über das Alter und die Rolle der Familie bei der Pflege anregen. Der Kern unserer Arbeit sind drei dokumentarische Kurzfilme, in denen wir Familien im Alltag begleiten und einen Einblick erhalten, wie sie die Situation meistern. Dabei war uns wichtig, möglichst alle betroffenen Familienmitglieder zu Wort kommen zu lassen, um die Verflochtenheit der Thematik aufzuzeigen. Neben den Kurzfilmen haben wir verschiedene Social-Media-Kanäle  mit Infoposts, Videostatements von Betroffenen und Expert:innen sowie Interviews mit Altersinstitutionen bespielt und über die Thematik aufgeklärt.
 
Wie genau lief die Umsetzung – wo und mit wem habt ihr gearbeitet?
Wir haben parallel an allen drei Kurzfilmen gedreht und sind mehrmals in der Woche mit dem Equipment von Familie zu Familie gereist. Das war eine anstrengende und intensive Zeit. Nach den Dreharbeiten waren wir drei Wochen ohne Pause im Schnittraum. Danach waren wir erschöpft, aber natürlich auch stolz auf das Resultat. Dank der Unterstützung durch das Schweizer Fernsehen konnten wir für den Schnitt, den Ton und die Filmmusik mit anderen Studierenden der ZHdK und weiteren Hochschulen zusammenarbeiten.


Blick hinter die Kulissen bei den Dreharbeiten.

Die Arbeit mit Schnittraum dauerte drei Wochen.

Was hat euch am meisten Spass gemacht und was am meisten Kopfzerbrechen bereitet?
Das Schönste war der Kontakt zu den Protagonist:innen und deren Familien. Uns wurde so viel Vertrauen entgegengebracht, das hat uns sehr berührt. Das Schwierigste war sicher, dass das Thema so persönlich ist und wir Personen finden mussten, die öffentlich darüber reden wollten.  
 
Was passiert mit eurer Arbeit nach dem Diplom?
Nach dieser intensiven Zeit wollen wir das Projekt nicht einfach fallen lassen. Wir werden mit unseren Filmen an einigen Wettbewerben teilnehmen und wollen unsere Arbeit an möglichst vielen Orten zeigen. Fest steht bereits, dass wir am Generationenfestival in Thun vom 16.-17. September 2022 teilnehmen.


Die Autorinnen Charlotte Linsener und Erika Jorquera.


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