Kopenhagen, Nyhavn Fotos: Wikipedia

Von den Dänen lernen

Die Dänen nehmen manches leichter als ihre Nachbarn. Das stellt Designstudent Sébastien El Idrissi fest, der zwei Praktikas in Kopenhagen absolviert. Hier herrschen flache Hierarchien, wenig Regeln, Mitspracherecht und das Recht auf Kritik für alle, berichtet der HSLU-Student.

«Øl?» – «Ja, tak», sage ich und nehme die kühle Dose entgegen. «Schade hast du unseren Lehrer nicht getroffen, er hängt oft hier mit uns im Atelier rum.» Wir sitzen in der Sonne vor den Ateliers der Dänischen Designskole. Mein neuer Kumpel Henrik hat mich soeben durch die Räume geführt und mir einen Crashkurs in dänischer Pädagogik vermittelt. Øl, das heisst auf dänisch Bier. Es wird so oft getrunken, dass es auch ein lebenswichtiger Treibstoff sein könnte.
 
Ich frage, ob das denn in Ordnung ist, wenn Henrik einfach einen Fremden in die Schule mitbringt, und er meint: «Na klar, auch von diesem Austausch können wir was lernen. Ausserdem lassen sich die Dänen nicht so gerne Regeln vorschreiben. Jeder hat gleich viel Mitspracherecht und Kritik ist jederzeit erlaubt, auch Vorgesetzten gegenüber.»

Wie an meinem derzeitigen Arbeitsplatz ist auch hier die Hirarchie so flach wie das Land. Der Himmelbjerget, zu deutsch Himmelberg, überragt das ganze Land mit seinen stolzen 147 Metern Höhe. Glücklicherweise hat sich kürzlich eine Gruppe Freiwilliger aufgemacht, portable Gasmasken auf halber Höhe zu installieren, welche den Aufstieg erleichtern sollen. – Ein Scherz in dezentem Hellgrau, wo doch der dänische Humor so dunkelschwarz sein kann, dass einem beim Mittagessen schnell einmal die Fischfrikadelle im Hals stecken bleibt.

In Dänemark hat man gemerkt, dass man nur einmal lebt. Vielleicht liegt das auch daran, dass man hier im Durchschnitt 10 bis 15 Jahre kürzer lebt als im benachbarten Schweden. «Wir geniessen das Leben einfach zu gerne mit Alkohol und Zigaretten», meint Henrik.

Die Gelassenheit in der Gesellschaft scheint sich auch auf die Gestaltung auszuwirken. Dänen gehen mehr so aus dem Bauch heraus an die Aufgabe heran. Im Designstudio ist der Tisch, an dem die guten Ideen entstehen, nicht der Sitzungs-, sondern der Tischtennistisch. Spass zu haben ist ein Grundrecht. Warum auch das Vernünftige tun, wenn man mit dem Unvernünftigen mehr Freude hat? «Einmal im Jahr machen wir hier draussen ein riesiges Feuer und verbrennen alle unsere Modelle», erzählt mir ein Designstudent.

Der Gründer und «Big Boss» einer aufkommenden dänischen Möbelfirma führt mit mir ein Gespräch, dass nicht antiautoritärer sein könnte. In jedem anderen Land wäre ich wohl nicht ganz sicher, ob ich nun wirklich mit der richtigen Person spreche. Abschliessend sagt er noch: «Wir treffen uns jetzt alle am Wasser auf ein Øl. Na, dann…»

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Kommentare

Nicole 21.05.2014 18:09
Praktika ist bereits Plural. Oder soll das dänisch sein?!
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