Entwurf und Ausführungsplanung sind zwei verschiedene Welten.

Unrealistische Semesterarbeiten

Konventionelle Architektur ausführen oder neue Architektur denken sollte näher zusammengebracht werden, stellt Raffaele Scialli fest, der im 6. Semester berufsbegleitend Architektur an der ZHAW studiert.

Berufsbegleitend Architektur studieren bedeutet, das Erlernte möglichst bald in der Arbeit einfliessen zu lassen. Anders gesagt sollte ein Zusammenhang zwischen Studium und Arbeit bestehen und sich so ein iterativer Prozess bilden. Das setzt aber voraus, dass der Student Architekten-Aufgaben auch im Arbeitsalltag ausüben kann und nicht nur als Hochbauzeichner tätig ist. Viel zu oft ist es so, dass die Lust des Entwerfens, wie es bei Schulprojekten geübt wird, auf die harte Realität in der Baubranche trifft. Baureglemente und Normen grenzen den Entscheidungsfreiraum bei Projekten ein. Leider müssen diese meist eingehalten werden, ausser man versucht, die Grauzonen auszureizen.
Ein bei mir aktuelles Beispiel ist das Semesterthema «Museum-Erlebniswelt» im Vergleich zum Spitalprojekt, das ich im Büro bearbeite. Während das Raumprogramm und der Entwurf eines Museums unzählige Lösungsansätze ermöglicht, ist es im Spitalbau schwieriger verschiedene Varianten durchzuspielen. Die vielen Vorgaben sprechen dagegen. Da schlägt man sich eher mit Raumstudien durch. Dass bei den Schulprojekten unrealistischerweise keine Baukosten zu beachten sind, widerspricht ebenfalls der termin- und kostenabhängigen Realität im Arbeitsalltag.
Ich habe oft das Gefühl, dass ich das Wissen aus der Hochschule im Büro zu selten einsetzen kann. Als Student könnte ich eigentlich mehr als nur die üblichen Zeichner-Aufgaben ausführen. Doch die Arbeitgeber wollen die angehenden Architekten jederzeit – also auch während des Studiums - wirtschaftlich effizient einsetzen und können es sich nicht erlauben, den berufsbegleitenden Student als Praktikant einzusetzen, also unverechenbare Arbeit ausführen zu lassen. Vor allem wenn die Semesterarbeit gerade erfolgreich abgeschlossen wurde, kann man sich eben mal unterfordert fühlen. Denn die meisten Semesterarbeiten fördern das Wunschdenken, wo hingegen die praktizierte Arbeit - je nach Bauaufgabe - meist weniger tiefgründiges Denken erfordert. Im Studium werden verschiedene Aufgaben gestellt und Neues entdeckt. Je nach Aufgabenbereiche des Büros, sind es in der Praxis immer wieder die ähnlichen Themen, welche bearbeitet werden. Konventionelle Architektur ausführen oder neue Architektur denken ist nicht das Gleiche und sollte näher zusammengebracht werden.


*Raffaele Scialli studiert im 6. Semester berufsbegleitend Architektur an der ZHAW in Zürich

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