Das Verdecken der Gesichter bei männlichen und weiblichen Politpersönlichkeiten verdeutlicht: Während sich die Frauen anhand ihrer Frisur immer noch erkennen lassen... Fotos: Bianca Traub

Power Dressing

Im Rahmen ihrer Master-Arbeit an der ZHdK hat die Designerin Bianca Traub die Kleidung von Politikerinnen und den öffentlichen Diskurs darüber untersucht.

Für Frauen in Machtpositionen war der morgendliche Griff in den Kleiderschrank noch nie so anspruchsvoll wie heute. Dazu Bianca Traub, die im Rahmen ihrer Master-Arbeit in Design an der Zürcher Hochschule der Künste die Kleidung von Politikerinnen und den öffentlichen Diskurs darüber untersucht hat: «Im Gegensatz zu früher gibt es für den Dresscode des ‹Power Dressing› keine klaren Regeln mehr. Individualität und Authentizität sind gefragt.» Das klingt zunächst einmal nach Befreiung. Doch, so die Designerin: «Auch der Raum für Fehler ist grösser geworden. So gab das grosszügige Dekolleté von Bundeskanzlerin Merkel 2008 in Bayreuth viel Gerede.» Die Zeiten, als die Garderobe mächtiger Frauen diejenige der Männer kopierte und mittels Schulterpostern für eine männliche Silhouette sorgte, sind also vorbei. Die neue Authentizität eröffnet Chancen, ‹Power Dressing› selbstbewusst individuell zu definieren. Doch es bleibt tricky. Traub kritisiert in diesem Zusammenhang die Rolle der Medien: «Politikerinnen stehen unter Dauerbeobachtung, ihre modischen Faux-pas werden skandalisiert. Kleidet sich eine Politikerin hingegen gekonnt und ist attraktiv, steht sie latent unter dem Verdacht, nicht kompetent zu sein.» Hier sieht Traub eine Diskrepanz zur Haltung von Otto Normalverbraucher, der den Politikerinnen-Outfits und -Frisuren wesentlich unaufgeregter begegne, à la: «Wenn wir sonst keine Probleme haben!»
Aufmerksam auf das Thema wurde Bianca Traub, als sie vor Jahren ihr erstes Praktikum in einer Corporate-Design-Agentur in Frankfurt machte. «Kleidete ich mich businessmässig, wurde ich von den Kunden als vollwertiges Teammitglied wahrgenommen. An den Tagen, an denen ich mich leger kleidete, wurde ich hingegen zum Kaffeekochen geschickt.» Aktuell ist die Master-Absolventin auf der Suche nach einem Job an der Schnittstelle von Visueller Kommunikation und Trends. Daneben plant sie den Aufbau eines Online-Archivs. Das reiche Bildmaterial, das Traub rund um Mode, Macht und Politik gesammelt hat, soll öffentlich zugänglich werden.

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