Zu wenig Ikone – die weissen Pavillons am ETH Campus Hönggerberg als fiktives Kunstwerk Christos interpretiert. Würde das den geplanten Abbruch verhindern können? Fotos: Fotocollage Postkarte, Baubüro

Platz für Architektur

Das Platzproblem des Departements Architektur auf dem Hönggerberg spitzt sich durch den geplanten Abbruch der weissen Pavillons zu. Das Baubüro, eine studentische Initiative, will Lösungsansätze erarbeiten.

Ein frühlingshafter Wind des Umschwungs, dem man sich nicht entziehen kann, weht durch die oftmals überfüllten, vereinzelt leerstehenden Räume des HIL Gebäudes auf dem ETH Campus Hönggerberg. Klar erkennbar ist dieser Drang zu handeln bei den diesjährigen Entwurfskursen von Annette Gigon, Mike Guyer und Markus Peter. Es soll eine grosse Atelierhalle entstehen - tausende Quadratmeter Fläche für Studios, Ausstellungszonen und Räumlichkeiten gegen das drohende Platzproblem der Architekturlehre an der ETH. Zugespitzt wird dieses Problem durch den geplanten Abbruch der weissen Pavillons im Jahre 2021 infolge eines Neubaus für ein architekturfremdes Departement und der näher rückenden Totalsanierung des HIL Gebäudes.

Die Atelierhalle soll mehr Platz schaffen und zwar nicht in Form eines weiteren dezentralen Satelliten wie das ONA in Oerlikon – das 2010 von einem Teil der Professuren des Departementes bezogen wurde – sondern vereinend, zentral im Schmelztiegel Hönggerberg, wohin die Architekten ursprünglich einmal von ihrer Mutterschule abgeschoben wurden.

Neben den rund sechzig Studierenden mit ihren Assistenten und Professoren, die sich gerade mit dem Entwurf dieser Atelierhalle befassen, hat sich eine weitere kleine Einheit aus studentischer Eigeninitiative geformt, mit der selbstgestellten Aufgabe, tiefer ins Bewusstsein der Architekturschule vorzustossen: das Baubüro ist entstanden. Einer dentalhygienischen Untersuchung gleich fühlt es unterschiedlichsten internen Gegebenheiten auf den Zahn, was nicht überall bloss mit Handküssen und Verneigungen begrüsst wird.

Was hat es mit der intransparenten Raumdisposition im HIL Gebäude auf sich? Ist das HIL so voll wie alle behaupten? Wie viel Fläche braucht ein Architekturstudent? Könnte man die weissen Pavillons vor dem Abbruch bewahren und sie verschieben, wie es vom Architekt Benedikt Huber 1986 geplant worden war – und wenn ja, wohin?

Das Baubüro will die vorherrschende Situation kritisch hinterfragen und Lösungsansätze erarbeiten – komplementär zur Planung einer zentralen Atelierhalle. Platzknappheit ist kein neues Problem am Departement, ebenso wie die gefühlte Zersplitterung der Lehre. Das Semesterprogramm zur Atelierhalle und die Gründung des Baubüros zeigen, dass sich einzelne motivierte Individuen nicht davor scheuen, mit ihren Mitteln und auf ihre eigene Art der Realität einen Spiegel vorzuhalten.

Ob Räume nun geschaffen oder beseitigt werden, Flächen werden umverteilt. Entgegen den von oben herab entschiedenen Massnahmen sollten sich Professoren, Studierende und Gruppen wie das Baubüro dazu verpflichtet fühlen, differenziertere und besonnenere Vorschläge zu erarbeiten

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Kommentare

Andreas Konrad 18.09.2021 11:33
Der Duft der Zürcher 80-er Jahre umschwebt die leichten Pavillons - doch sie wurden damals zweifelsohne gut geplant und schön gezeichnet. Ein Abriss wäre ein Schwachsinn. Gerade die platzverschwendende Niedrigkeit gibt dem Ort einen intimen, sympathischen Charakter zwischen all den dunklen Brocken, in die man sich geduckt und ehrfurchtsvoll begeben muss. Stehen lassen !
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