Explosionszeichnung des Uhrwerks

Open Design erforschen

Merle Ibach untersucht in ihrer Masterarbeit an der FHNW, wie Open Design funktioniert. Dafür begleitet sie eine Arbeitsgruppe in La Chaux-de-Fonds, die ein Open Source-Uhrwerk entwickelt.




Im Bachelor hatte ich europäische Medienwissenschaft studiert, was mich thematisch fesselte – immerhin ging es hier um die grossen Fragen des Lebens in einer digitalisierten Gesellschaft. In den Seminaren kamen wir vom Hundertsten ins Tausendste und meine Abschlussarbeit endete in der Frage nach der postmodernen Autorschaft. Theoretisch hatte ich damit alles Relevante abgedeckt, doch um das Phänomen Digitalisierung nicht nur sprachlich zu untersuchen, wollte ich ihr Handwerk lernen und wagte einen Quereinstieg ins Interface Design. Ein Auslandssemester führte mich 2016 zur HGK nach Basel ins Masterstudio Design, einem prozessorientierten und transdisziplinären Studienprogramm – wo ich dann auch blieb. Nun sind drei Semester um, mit der Master Thesis zum Open Design befinde ich mich im Endspurt. Sie soll die Basis für meine kommende Forschung bilden.

In meiner Masterarbeit bediente ich mich mehrerer Methoden aus unterschiedlichen Disziplinen und kombinierte sie. Aus den Sozialwissenschaften lieh ich mir Vorgehensweisen der qualitativen Sozialforschung und aus der visuellen Gestaltung das Konzeptionieren und Coden von Diagrammen und Grafiken. Gegenstand der Untersuchung war das Open Design, eine spezielle Ausprägung der Open Source Bewegung. Mein Ziel war es, anhand von visuellen Thesen den Einfluss der Digitalisierung auf den Designprozess zu diskutieren, und zu fragen, wie dieser sichtbar gemacht werden kann. Dafür habe ich eine Arbeitsgruppe begleitet, die ein Uhrwerk nach Open Source-Grundsätzen entwickelt. Dafür tauschen sich die Mitglieder der «OpenMovement» (OM) in einem Online-Forum aus oder treffen sich in Workshops. Für solche dezentral organisierte Netzwerke liegt die Herausforderung in der gemeinsamen Problemevaluierung und Konsensfindung. Die Teilnehmenden schaffen sich hierfür eigene, temporäre Formen der Organisation und Verwaltung.

Um die nötigen Daten zu erhalten, fuhr ich mehrmals von Basel nach La Chaux-de-Fonds, wo sich die OM-Community gelegentlich trifft, um gemeinsam zu arbeiten. Die Treffen hielt ich auf Video fest, um sie anschliessend zu Hause in langen Nachtschichten auszuwerten, was gar nicht so trivial war, da die meisten Mitglieder französisch sprechen. Für die Auswertung der Daten entwarf ich Diagramme, die nach dem Prinzip des Rhythmus – der Gliederung durch einen Wechsel von kurzen und langen, betonten und unbetonten Elementen – funktionieren. Durch die Verdichtung oder Verteilung einzelner Bildelemente entstehen Muster, welche als visuelle Thesen gelesen werden können. Mithilfe der Diagramme können nun sowohl die Praktik kollektiver Wissenserzeugung, als auch Eigenheiten des Open Design Milieus diskutiert werden.

Um meine Forschungsergebnisse darzustellen, entwickelte ich ein Web-Tool. Es beinhaltet alle Visualisierungen mit erklärenden Begleittexten. Der intensive eigene Prozess, war in vielerlei Hinsicht ein bereicherndes Projekt und ich bin froh die gewonnenen Fertigkeiten und Erkenntnisse in Zukunft weiterentwickeln zu können. Die enge Auseinandersetzten mit der OM-Community gab mir einen tiefen Einblick in einen spezifischen Prozess der Entwicklung. Ich denke in ähnlich spannender Manier werden sich kommende Untersuchungen in der Designforschung gestalten.


* Merle Ibach absolviert das Masterstudio an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW.

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