Höhenflug im Zug: In ihrem Campus-Beitrag fordert Leonie Müller eine Emissions-Label für Seminarreisen.

Internationale Ausstrahlung vs CO2-Reduktion

Die ETH Zürich will die flugbedingten CO2-Emissionen verringern. In ihrem Campus-Beitrag fordert Leonie Müller eine Emissions-Label für Seminarreisen.

Anfang Jahr kündigte die ETH Zürich an ihre flugbedingten CO2-Emissionen verringern zu wollen. Fünfzig Prozent aller Emissionen der Hochschule stammen laut ETH von Flugreisen. Auch an der Departementskonferenz des Departement Architektur wurden die Klimaziele angesprochen. Allseitiges Naserümpfen. Wie können wir eine internationale Ausstrahlungskraft erhalten und gleichzeitig unsere Mobilität einschränken?

Werfen wir einen Blick auf die Seminarreisen der letzten zehn Jahren, dann sehen wir: 75 Prozent der Reiseziele liegen ausserhalb der Schweiz. Knapp ein Drittel aller Reisen verlässt den europäischen Kontinent. Da nur eine Woche pro Semester zur Verfügung steht, müssen die Reisen kurz und gleichzeitig nicht zu teuer sein. Und das zeit- und kosteneffizienteste Fortbewegungsmittel ist das Flugzeug.

Vor zwei Jahren habe ich mich für eine Seminarreise in den deutschen Harz angemeldet. Einen Monat vor Reisebeginn habe ich eine Mail mit den Flugtickets nach Leipzig bekommen. Die Stadt liegt etwa 600 Kilometer nordöstlich von Zürich. In 7 Stunden und einmal umsteigen in Mannheim kann man sie mit dem Zug erreichen. Das Flugzeug ist mit 1 Stunde 20 Minuten dagegen unschlagbar.

Wir Architektinnen und Architekten reisen, um durch berühmte Gärten im Iran zu streifen, Hochhäuser in amerikanischen Millionenmetropolen zu analysieren, unbekannte Modernisten in Osteuropa aufzuspüren - wir reisen, um Räume in ihrer vollen Dimension und mit allen Sinnen zu erleben und um uns weiterzubilden. Die Reise selbst - die Fortbewegung als solche - spielt dabei meist eine untergeordnete Rolle. Während den 7 Stunden Zugfahrt nach Leipzig hätten wir zum Beispiel den Lauf des Rheins, den Übergang von den lose besiedelten Vorstädten Westdeutschlands zu den weiten Ebenen des Zentrums oder vorbereitende Lektüre studieren können.

Reisen ist ein wichtiger Bestandteil des Bildungsauftrags einer Hochschule - und soll es auch bleiben. Der Umgang mit unserer Umwelt gehört jedoch genauso dazu. Es liegt an der ETH, klimaschonende Reisen gezielt zu fördern. Bei den Reiseinformationen sollte daher angegeben werden, welche Fortbewegungsmittel genutzt und viele Emissionen dabei ausgestossen werden. Ähnlich wie die Buchstaben A bis E für die Kostenangabe der Seminarreise oder der Nutriscore für die Angabe der Inhaltsstoffe bei Lebensmitteln brauchen wir Transparenz, was die Umweltbelastung angeht. Dann hätte ich vor der Reise gewusst, dass das Flugzeug von Zürich nach Leipzig 140 Kilogramm CO2 pro Person ausstösst - der Zug 0.17 Kilogramm. Die Entscheidung liegt am Ende bei uns.

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