Der Umgang mit der Karaffe erfordert eine ungewohnte Augen-Hand-Koordination und soll so zum Nachdenken anregen.

Interagieren und reflektieren

Die Karaffe der Designstudentin Cynthia Rütimann erschwert es, Wasser auszugiessen – als Widerspruch zu unserem einfachen und selbstverständlichen Zugang zu Trinkwasser.

Die Initiative Steinbesser will kulinarische Erfahrungen schaffen und unseren Umgang mit Essen und Trinken thematisieren. Für mein Semesterprojekt ‹Tap Water Value› gestaltete ich eine Karaffe, die in Zukunft an einer Veranstaltung der Initiative zum Einsatz kommen kann.


Die Glaskaraffe hat vor der Öffnung eine kleine Erhebung, die es erschwert das Wasser auszugiessen.

In der Schweiz steht an jeder Ecke ein Trinkbrunnen. Weltweit betrachtet ist es jedoch nicht einmal selbstverständlich, dass die Menschen den Wasserhahn aufdrehen können und fliessendes Wasser herauskommt. Ein Grossteil der Weltbevölkerung hat einen langen und beschwerlichen Weg, um an Trinkwasser zu gelangen. Daher wollte ich eine Karaffe gestalten, bei der es schwierig ist, das Wasser herauszukriegen: als Widerspruch zu unserem einfachen und selbstverständlichen Zugang zu Trinkwasser. Die Glaskaraffe hat vor der Öffnung eine kleine Erhebung, die es erschwert das Wasser auszugiessen. Die Person, die das Gefäss benutzt, soll herausfinden, wie das Wasser am besten herauskommt, ohne dass sie dabei Wasser verschüttet. So wird ein Kontrast geschaffen zu unserer Selbstverständlichkeit, immer mühelos an Trinkwasser zu kommen. Der Umgang mit der Karaffe erfordert eine ungewohnte Augen-Hand-Koordination und soll so zum Nachdenken anregen.


Das Negativ aus Holz. (Foto: Raisa Durandi)

Voller Einsatz beim Glasbläser. (Foto: Raisa Durandi)

Für dieses Projekt konnte ich die Möglichkeiten der Fabrikation anwenden, die ich im Studium erlernt habe. Ich organisierte den gesamte Produktionprozess, um meine Idee zum Leben zu erwecken. Ich zeichnete zuerst die Karaffe im CAD-Programm und machte danach ein Negativ daraus. Mit dieser Datei fräste die CNC-Maschine das Negativ aus dem Holz. Nachdem ich die Form zugeschnitten und mit Scharnieren ausgestattet hatte, ging es nach Payerne zum Glasbläser Thomas Blank für den nächsten Produktionsschritt. Es war faszinierend, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Glasblasen ist hektisch, weil das Material nur bis zu einer bestimmten Temperatur formbar ist. Nach ein paar Tagen war das Glas komplett abgekühlt, sodass ich die Öffnung der Karaffe schleifen konnte – und fertig war der funktionsfähige Prototyp!

Eine Idee, die vor ein paar Wochen nur in meinem Kopf herumschwirrte, existierte auf einmal in echt. Das ist es, was ich am Gestalten bewundere und schätze. Der Ursprung ist immer nur ein Gedanke, der konkreter wird, je länger man sich damit befasst.

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