Section, Group DECAY, Collage, Studio Charbonnet-Heiz, 2018 Fotos: Studio Charbonnet-Heiz

Eine jugendliche Übermethodik

Jugendliche sind in Bewegung. Sie wollen sich besser kennenlernen, knüpfen Kontakte und adaptieren sich immer wieder neu - auch im sich verändernden Milieu einer Hochschule.

Methodik ist eine Art des Vorgehens. Sie entspricht meistens mehreren Teilschritten, die in einer festgelegten Reihenfolge vollzogen werden. Als Studierende sind wir darin geübt, uns auf neue Methodiken in der Lehre einzulassen. Meist sind neu gelernte Dinge bereichernd - in diesem Fall Mechanismen zur Formung von Gedankengängen. Ob sie uns nun positiv oder negativ prägen, ist erst einmal zu vernachlässigen. Denn jede und jeder Jugendliche wurde schon mit einer Methodik konfrontiert, die ihm nicht entspricht und musste sich anzupassen. Diese Haltung sehen wir als eine sehr notwendige und in sich schöne Gegebenheit an.

Jugendlich sein, heisst in Bewegung zu sein. Sich noch nicht allzu gut zu kennen, sich aber besser kennenlernen zu wollen und dadurch kontaktfreudig und immer neu adaptierend zu sein - auch in einem sich verändernden Milieu einer Hochschule. Uns interessiert vor allem: Wie reagieren die Studierenden auf eine neu gelernte Methodik? Hinterfragen sie den Sinn, die Ambition, oder wird sie sogleich inkorporiert? Sind sie neugierig genug, noch einmal darüber nachzudenken, ob sie auch wirklich einverstanden sind?

Es scheint, die Jugend lebt in einem Paradox. Einerseits wird von ihr erwartet sich anzupassen, Erfahrungen zu sammeln, erwachsen zu werden. Andererseits möchten wir den reinen Blick der Jugend verewigen und manche Professoren lehren im Anspruch, die Studierenden als unbeschriebenes Blatt Papier wieder und wieder beschreiben zu können. Ganz im Sinne einer Meisterschule - die je länger je mehr der Vergangenheit angehören sollte.

In diesem Spagat des Intellekts sehen wir als Redaktion des ‹trans› Magazins das grosse Potential der Jugend, über das wir diskutieren möchten. Gleichzeitig immer mehr zu wissen und immer mehr vom eben Gelernten auszuschalten, um jung und aufnahmebereit zu bleiben, ist ein verwirrender und aufreibender Kraftakt. Wir glauben, dass es möglich ist, ihn zu überleben und sogar produktiv zu machen. Ist denn nicht gerade im Nichtwissen die Möglichkeit verborgen, Fragen zu stellen? Lässt sich zwischen Wissen und Denken eine Freiheit aufspannen?

Vielleicht liegt ja eine mögliche Antwort in der Gratwanderung zwischen Wissen und Ignoranz. Sozusagen eine produktive Naivität als Übermethodik, die es dem jugendlichen Geist erlaubt, sich ohne Versagensangst mit jeder Situation konfrontieren zu können. Naivität soll nicht als Antipode des kritischen Denkens gelten, sondern eher als Vernichtung des Dogmatismus in der Lehre wie im Leben. Solange die Haltung anpassungsfähig ist, kritisch überdenkt, tolerant für andere Sichtweisen ist, sich Fehler eingesteht und aus diesem Strudel der Erfahrungen weiterkommt, anstatt auf der Stelle zu rudern, ist die Haltung eine jugendliche.

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