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Ein Panorama der Endlichkeit

Für Ihre Semesterarbeit hat die Designstudentin Dinah Wernli mit Menschen aus ihrer Umgebung über den Tod gesprochen und davon ausgehend ein Postkartenset und eine Audio-Collage gestaltet.

Mein Projekt ‹Ich bi denn eifach im Nüt› ist im IDA-Modul ‹Fette Beute› entstanden, ein interdisziplinäres Angebot der Hochschule Luzern Design + Kunst. Die Idee dahinter: Durch Interviews Material zu einem Thema zu sammeln und diese Sammlung als Ausgangspunkt für gestalterische Projekte zu nutzen, sich mit anderen Ansichten auseinanderzusetzen und sie in die eigenen Arbeiten einzubetten.


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Ich nutzte dieses Modul dazu, die Auseinandersetzung mit unser aller Endlichkeit und dem Tod zu vertiefen und mich im Austausch mit Menschen aus meinem Umfeld diesem Thema anzunähern. Nicht meine Gedanken und Gefühle sollten im Zentrum stehen, ich wollte vielmehr bei anderen Menschen genau hinhören, wie die Tatsache der Endlichkeit ihr Leben bestimmt. Ich wollte herausfinden, was es für ihr Leben bedeutet, dass der Tod unabwendbar ist und wie sie ihr Leben im Hinblick auf ihr Sterben leben.
 

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Und so habe ich mich aufgemacht zu einer Reise zu Menschen, die mir in meinem Leben begegnet sind – im Gepäck Fragen zur Endlichkeit, über das gute Leben und das Sterben. Wir sind zum Gespräch zusammengesessen in Stuben und auf Balkonen, am Küchentisch oder auf der Parkbank, begleitet von Vogelgezwitscher, dem Lärm vorbeifahrender Lastwagen, dem Ticken einer Uhr oder vom Trommeln des Regens auf dem Dach. Heimgekehrt bin ich mit einem reichen Schatz an Gedanken und Gefühlen. Ich war überrascht von der Offenheit, Verletzlichkeit und Schonungslosigkeit der Begegnungen, berührt vom Schmerz und der Traurigkeit in den Geschichten, verwundert über die Weisheit und Schönheit in den Worten, getröstet von der Zuversicht und Gelassenheit trotz allem.


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Aus diesen Begegnungen ist zweierlei entstanden: Einmal eine kleine Sammlung an Zeichnungen, versehen mit Gesprächsfetzen, Worten, die mich berührt haben und die mir im Gedächtnis haften geblieben sind. Und eine Sammlung der Stimmen, eine Audio-Collage aus den verschiedenen Gesprächen, zusammengeführt zu einem Panorama der Endlichkeit mit Blick auf das Leben und Sterben. Die Idee, die Stimmen aus den Gesprächen zu einer O-Ton-Collage zusammenzuführen, hat erst nach den ersten Gesprächen Gestalt angenommen. So sind die anfänglichen Aufnahmen – zu dem Zeitpunkt nur als Erinnerungsstütze gedacht – nur in mässiger Qualität. Ich habe mich aber bewusst dafür entschieden, diese trotzdem mit einzubeziehen, denn sie sind in ihrer Einmaligkeit und Offenheit nicht zu wiederholen. Schliesslich können in Fehlern und Unvollkommenheit auch Charme und Chance wohnen – ganz im Sinne eines Ausschnittes aus eben dieser Collage: «Das isch es: Sich z versöhne mit sich und mit allem wo zu eim ghört.» Die Zeichnungen wiederum habe ich auf A5-Postkarten drucken lassen und zu Postkartensets zusammengestellt. Auf der Rückseite der Postkarten findet sich ein QR-Code, über den man zur Audiodatei gelangt. Das Eine zum Ansehen und Verschicken, das Andere zum Hinhören, Weiterdenken und Weitertragen – Annehmen und wieder Loslassen, denn: «Wenn das, woni bi und ha, be mir bliibt, denn stirbts.»


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Aus den Zeichnungen entstanden Postkarten-Sets.

Es war eine intensive und lehrreiche Reise und ich habe während der Umsetzung dieses Projektes die verschiedensten Dinge das erste Mal gemacht und dabei so manches gelernt. Die für mich zentralste Lernerfahrung dieses Projektes aber war jene, die das Modul schon in seinem Namen trägt: Ein Thema gewinnt durch die Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Menschen an Tiefe und Raum, die unterschiedlichen Gedanken, die neuen und alten Sichtweisen bunt gemischt, bringen frischen Wind und neue Inspiration und bieten einen reichen Schatz an Material für meine gestalterische Arbeit – ‹Fette Beute› eben.


Gespräche über den Tod.

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